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Übersetzung von I. Mose 18

Und Jahwe erschien ihm bei der Terebinthe Mamre, während er am Eingang seines Zeltes sass, als der Tag am heissesten war. 2. Wie er nun seine Augen erhob und sich umschaute, siehe, da standen drei Männer vor ihm. Sobald er sie sah, eilte er ihnen vom Eingang seines Zeltes entgegen, verneigte sich zur Erde 3. und sprach: Mein Herr, habe ich Gnade gefunden vor deinen Augen, so gehe doch nicht an deinem Knechte vorüber. 4. Man soll ein wenig Wasser bringen, dass ihr euch die Füsse waschet, dann lagert euch unter dem Baume, 5. und ich will einen Bissen Brot holen, dass ihr euch erlabet; darnach mögt ihr weiterziehen. Ihr seid nun einmal bei eurem Knecht vorbeigekommen. Sie sprachen: Du magst tun, wie du gesagt hast. 6. Nun eilte Abraham ins Zelt zu Sara und sprach: Nimm schnell drei Mass Mehl! Knete es und backe Kuchen! 7. Auch zu den Rindern lief Abraham, holte ein zartes, schönes Kalb und gab es dem Knechte; der rüstete es eilends zu. 8. Dann nahm er Sauermilch und frische Milch und das Kalb, das er gerüstet hatte, und setzte es ihnen vor; er selbst aber wartete ihnen auf unter dem Baume, und sie assen.

9. Da sprachen sie zu ihm: Wo ist dein Weib Sara? Er antwortete: Da drinnen im Zelte. 10. Da sprach er: Ich werde wieder zu dir kommen übers Jahr um diese Zeit; dann hat dein Weib Sara einen Sohn. Sara aber hörte zu am Eingang des Zeltes hinter ihm.

1. Abraham und seine Gäste

Erste Mose 18,1-9

In I. Mose 18 wird eine Theophanie geschildert. Nüchtern erscheint Jahwe bei der Therebinthe Mamre vor einem Mann V. (1a). Es wird bloss berichtet, dass "er" zur Mittagszeit vor dem Zelte sass (V. 1b). Wer der Mann ist, wird nicht gesagt. Vers 1 beschreibt die Situation, in der sich nun ein Ereignis entfaltet:

Wie er nun seine Augen erhob und sich umschaute,
siehe, da standen drei Männer vor ihm. (V. 2a)

Aufschauend sah er die drei Männer, die plötzlich vor ihm standen. Wer waren die Männer?

Sobald er sie sah,
eilte er ihnen vom Eingang seines Zeltes entgegen,
verneigte sich zur Erde 3. und sprach:
Mein Herr, habe ich Gnade gefunden vor deinen Augen, so gehe doch nicht an deinem Knechte vorüber. V. 2b.3)

"Er" rannte zu ihnen und warf sich auf den Boden und begrüsste sie mit "Adonaj". Adon heisst "Herr", "Gebieter", "Ehrwürden". "Adonaj" plural "meine Herren", was zu den drei angesprochenen Fremden passt. Doch "Adonaj" ist zur Zeit des Erzählers (ca. 4. Jh. v. Chr.) auch feste Bezeichnung für Jahwe. Die Anrede "adonaj" kann also einerseits die drei Fremde meinen, andererseits Jahwe, der einzige Gott Israels. Der Autor von I. Mose 18 scheint eine Vorlage zu benutzen, in der ursprünglich vom unerwarteten Besuch von Fremden handelt und daraus nun die Geschichte einer Gottesbegnung machte.

Aber wie kommt es, dass "er" in den drei plötzlich dastehenden Männern seinen Gott Jahwe sieht? "Er" sitzt in glühender Mittagshitze vor seinem Zelt, fängt an zu dösen und schon beginnen sich Traum und Wirklichkeit zu verweben. In diesem Dämmerzustand schaut er auf und sieht drei Männer nahen (3). Die arabische Gastfreundschaft verbietet es ihm, die Fremden hungrig und durstig in der Gluthitze stehen zu lassen. Doch der Willkommensgruss ist merkwürdig. Er sagt:

Gehe doch nicht an deinem Knechte vorüber. V. 3)

Es ist Mittagszeit, die Sonne steht hoch oben am Himmel, die Hitze ist gross – Eine gefährliche Zeit. Dies zeigt sich in einem anderen Beispiel, nämlich I. Könige 18,21-40: In dieser Geschichte stand Elia mit 40 Baalspropheten zur Mittagszeit auf dem Berg Karmel, um zu opfern. Zuerst sollen die Baalspropheten ihren Gott bitten, die geschlachteten Stiere zu verspeisen. Doch nichts geschah. Da rief Elia Jahwe an:

Erhöre mich, Jahwe, erhöre mich, damit dies Volk erkennt, dass du, Jahwe, Gott bist und ihr Herz wieder zu dir kehrst! Da fiel das Feuer Jahwe herab und fraß Brandopfer, Holz, Steine und Erde und leckte das Wasser auf im Graben (I. Könige 18,37-38).

Doch es blieb nicht bei den Stieropfern, sondern Elia, als Prophet Jahwes tötete alle Baalspropheten.

In unserer Erzählung, I. Mose 18 wirft sich Abraham in grosser Furcht sogleich zu Boden, er weiss um die Gefahr, die von den Fremden ausgeht. Schauen wir in der Konkordanz den Begriff "vorübergehen (abr)" durch, dann ist die Bedrohung von den Vorüberziehenden ausgeht, in den Mose-Büchern auffällig:

Da erschraken die Fürsten Edoms, Zittern kam die Gewaltigen Moabs an, alle Bewohner Kanaans wurden feig. Es fiel auf sie Erschrecken und Furcht; vor deinem mächtigen Arm erstarrten sie wie die Steine, bis dein Volk, Jahwe, hindurchzog, bis das Volk hindurchzog, das du erworben hast (II. Mose 15,15-16)

Beispielhaft ist V. Mose 2. Das Kapitel ist mit "Zug durch die Wüste bis zum Sieg über Sihon" betitelt. "Vorüberziehen" (abr) kommt gehäuft vor (V. 2.4.8(2x).13(2x).14.18.24.27. 28.29) vor: Zunächst sollen die Israeliten durch das Gebiet Seir ziehen, das den Söhnen Esaus gehört. Der Befehl Jahwes lautet:

… und sie werden sich vor euch fürchten. Aber hütet euch ja davor, sie zu bekriegen; ich werde euch von ihrem Lande nicht einen Fußbreit geben, denn das Gebirge Seïr habe ich den Söhnen Esau zum Besitz gegeben. Speise sollt ihr für Geld von ihnen kaufen, damit ihr zu essen habt, und Wasser sollt ihr für Geld von ihnen kaufen, damit ihr zu trinken habt. Denn Jahwe, dein Gott, hat dich gesegnet in allen Werken deiner Hände. Er hat dein Wandern durch diese große Wüste auf sein Herz genommen. Vierzig Jahre ist Jahwe, dein Gott, bei dir gewesen. An nichts hast du Mangel gehabt (V. 1-7).

Schonung erfahren auch die Moabiter, die ihrerseits die Ureinwohner vertrieben haben (V. 8-15) und das Land, das den Söhnen Lots gehört. Jahwe hatte eigenhändig die Riesen, die im Reich Lots gewohnt hatten (V. 16-25 ), vernichtet.

Auch dies gilt als Land der Riesen, und es haben auch vorzeiten Riesen darin gewohnt, und die Ammoniter nennen sie Samsummiter. Das war ein großes, starkes und hoch gewachsenes Volk wie die Anakiter. Und Jahwe vertilgte sie vor ihnen und ließ sie ihr Land besitzen, so dass sie an ihrer Statt dort wohnten, gleichwie er's getan hat mit den Söhnen Esau, die auf dem Gebirge Seïr wohnen, als er die Horiter vor ihnen vertilgte und sie deren Land besitzen ließ, so dass sie dort an ihrer Statt wohnten bis auf diesen Tag…

Nun folgt die Aufforderung Jahwes an die Israeliten, die Wüste Kedemot zu durchqueren:

Da sandte ich Boten aus der Wüste Kedemot an Sihon, den König von Heschbon, mit friedlicher Botschaft und ließ ihm sagen: Ich will durch dein Land ziehen. Nur wo die Straße geht, will ich gehen; ich will weder zur Rechten noch zur Linken vom Weg abweichen. Speise sollst du mir für Geld verkaufen, damit ich zu essen habe, und Wasser sollst du mir für Geld geben, damit ich zu trinken habe. Ich will nur hindurchziehen - wie mir die Söhne Esau gestattet haben, die auf dem Gebirge Seïr wohnen, und die Moabiter, die zu Ar wohnen -, bis ich über den Jordan komme in das Land, das uns Jahwe, unser Gott, geben wird. Aber Sihon, der König von Heschbon, wollte uns nicht hindurchziehen lassen; denn Jahwe, dein Gott, verhärtete seinen Sinn und verstockte ihm sein Herz, um ihn in deine Hände zu geben, so wie es heute ist. Und Jahwe sprach zu mir: Siehe, ich habe angefangen, Sihon mit seinem Lande vor deinen Augen dahinzugeben; fangt ihr an, sein Land in Besitz zu nehmen. Und Sihon zog aus uns entgegen mit seinem ganzen Kriegsvolk zum Kampf nach Jahaz. Aber Jahwe, unser Gott, gab ihn vor unsern Augen dahin, dass wir ihn schlugen mit seinen Söhnen und seinem ganzen Kriegsvolk. a nahmen wir zu der Zeit alle seine Städte ein und vollstreckten den Bann an allen Städten, an Männern, Frauen und Kindern, und ließen niemand übrig bleiben. Nur das Vieh raubten wir für uns und die Beute aus den Städten, die wir eingenommen hatten. Von Aroër an, das am Ufer des Arnon liegt, und von der Stadt im Bachtal bis nach Gilead war keine Stadt, die sich vor uns schützen konnte; Jahwe, unser Gott, gab alles vor unsern Augen dahin. Nur zu dem Lande der Ammoniter kamst du nicht, weder zum Ufer des Jabbok noch zu den Städten auf dem Gebirge, ganz wie uns Jahwe, unser Gott, geboten hatte (V. 26-37).

Eine friedliche Botschaft wird an den König Sihon von Heschbon gesandt: Man wolle nur auf der Strasse das Gebiet durchqueren und das Essen mit Geld kaufen. Doch Jahwe persönlich verstockt das Herz des Königs, der Krieg bricht aus und die Israeliten töten Männer, Frauen und Kinder. "Nur das Vieh raubten wir für uns und die Beute aus den Städten, die wir eingenommen hatten" (V. Mose 2,34-35).

Heute nennt man ein solch grausames und habgieriges Ereignis Völkermord. Völkermord, welcher durch Gott tatkräftig unterstützt und legitimiert wird. Dieser dunkle Aspekt ist aber nicht nur ein längst vergangenes Ereignis sondern gehört zum unbewussten Grundmuster der menschlichen Seele. Und so wiederholen sich solche Ereignisse, bildet eine Blutspur bis in die jüngste Zeit.

Die Ambivalenz ist in unserem Gottesbild begründet, das individuell jeden, Frauen, Kinder und den Fremden, der unter ihnen weilt schützt, andererseits kollektiv immer wieder eine archaische Zerstörungswut hervorbricht im Glauben das Richtige zu wollen und zu tun.

Das Bedrohliche, das in unserer Erzählung I. Mose 18 durch das Verhalten Abrahams erahnt wird, kommt dann explizit im nächsten Kapiteln I. Mose 19 zum Ausdruck: Nach dem Mahl:

erhoben sich die Männer und gingen von dannen. Und schon schauten (spf) sie hinab auf Sodom, während Abraham noch mit ihnen ging, um ihnen das Geleit zu geben (I. Mose 18,16)

Aufgrund ihrer Sünden werden die Bewohner von Sodom und Gomorrha vernichtet. Dieses Vernichtung wird über Nacht vorbereitet und erfolgt mit dem ersten Sonnenstrahl:

Und eben, als die Sonne über der Erde aufgegangen war, kam Lot nach Zoar. Der Herr aber liess Schwefel und Feuer auf Sodom und Gomorrha regnen, von dem Herrn vom Himmel herab, und vernichtete so die Städte und den ganzen Umkreis und alle Bewohner der Städte und was auf dem Lande gewachsen war (I. Mose 19,23-25)

Erster Mose 18 und 19 zeigt die Ambivalenz Gottes: Geht Jahwe an Abraham vorübergeht, dann geht der Kinderwunsch in Erfüllung, schaut Gott beim Vorbeigehen auf Sodom und Gomorrha, so bedeutet dies der Untergang für die beiden Städte.

Man mag nun einwenden, die Bewohner Sodoms und Gomorrha seien sündige Menschen gewesen:

Wo sind die Männer, die heute Abend zu dir gekommen sind? Bringe sie zu uns heraus, dass wir ihnen beiwohnen (I. Mose 19)

Und deshalb wurden die Städte zerstört? Lassen wir die Frage vorerst stehen und kommen zum Begriff "eilen" (mhr/ruz), das in I. Mose 18,1-8 gehäuft vorkommt:

"Abraham eilt (ruz, hif.) den Fremden entgegen" (V. 2), Abraham eilt (mhr, pi) ins Zelt zu Sara (V. 6), um ihr zu sagen, sie solle eiligst Kuchen backen (mhr, V. 6). "Abraham holt eilends (ruz) ein Kalb" (V.7), "der Knecht rüstet es eilends (mhr) zu (V. 7). Das Motiv "eilen" lässt neben "vorübergehen" an die Sonne als Gottheit zur mittäglichen Zeit denken, die sich zwischen 11 und 14 Uhr dem Abraham offenbart. Die drei Fremden entsprechen am ehesten als Repräsentanten von Sonnenstrahlen, die bis auf die Erde reichen und an Gottes Statt handeln.

In Gen. 18 hat die Sonne ihren höchsten Stand erreicht. Im Alten Orient gilt die Mittagszeit als Kulminationspunkt der kosmischen Krise, die auch eine Gefährdung der Sonne mit einschliesst. Die die gesamte Seins-Dimension des Lebens betreffende Gefahr wird als Hungersnot, Seuche, Krankheit, Schlangenbiss, Aufruhr, Krieg und anderes erlebt. In dieser Krise wird nach Gen. 18 aber auch "das Neue", "der Sohn" "verheissen".

Doch gehen wir "mhr" in der Konkordanz durch.


2. Der Begriff mhr

2.1. Mhr piel im deuteronomistisch-jahwistischen Geschichtswerk

 

In Exodus 12,33 drängen die Ägypter die Israeliten schnell (mhr) aus dem Land mit der Begründung:

"Sonst sind wir alle des Todes".

Es ist die Furcht der Ägypter vor der Bestrafung Jahwes.

In Exodus 32 befiehlt Jahwe Mose, eilends (mhr) den Berg hinunterzugehen, um sich die Bosheit des Volkes anzusehen (II. Mose 32,7). Ähnlich wie die drei Männer über Sodom und Gomorrha sieht Mose hier das unmoralische Treiben des Volkes und gerät in glühenden Zorn (V. 10). Und wie Abraham in I. Mose 18,16ff. bittet hier Mose Gott um Erbarmen für das Volk (II. Mose 32,11).

In V. Buch Mose wird mhr im Zusammenhang mit Jahwe in erster Linie destruktiv verwendet im Sinne von "Jahwe der schnelle Vertilger seines halsstarrigen Volkes Israel" (V. Mose 4,26) oder "Jahwe bestraft feindliche Völker durch die Israeliten" (V. Mose 7,4.22). Das Motiv "eilig" wird im V. Buch Mose auch im moralisch negativen Sinn verwendet:

"und ihr (die Israeliten) waret schnell abgewichen von dem Wege, den euch Jahwe geboten hatte" (V. Mose 9,16; Richter 2,17).

Die in V. Mose erwähnten Stellen handeln alle vom Volk Israel, das von Gott geleitet in der Wüste herumirrt, "der Weg, den euch Jahwe geboten hatte. Das schnelle Abweichen vom "Wege Jahwes" provoziert ebenso geschwind den "glühenden Zorn Jahwes" gegen sein Volk.

"Eile" (mhr) kann auch in eine andere Richtung zielen, in die Richtung der Verweigerung: So lässt Jahwe, wegen dem Ungehorsam seines Volkes die Fremdvölker im Lande

"er vertrieb sie nicht alsbald (mhr) und gab sie nicht in die Hand Josuas (Ri. 2.23).

Semiten

Ägyptische Wandmalerei in dem Grab des Chnumhotep bei Beni-Hassan
Einen Zug von Semiten zur Zeit Abrahams darstellend.

Kopiert aus "Vom Paradies bis Golgatha" von Nelson Beecher Keyes

Der Destruktionswille, welcher in den Erzählungen der Wüstenwanderung geradezu glorifiziert beschrieben wird, stellt symbolisch eine Inflation dar, die Inflation des Lichtes in Gestalt eines Sonnengottes. Doch die Gestalt des Sonnengottes ist durch das Bilderverbot "entmythologisiert". Die göttliche Gestalt kommt nur noch in seinem Charakter, im glühender Zorn, zum Ausdruck. Der Weg ist nicht mehr der tägliche Sonnenlauf sondern der Weg, den Jahwe sein Volk machen lässt. Als Vollstrecker seiner Befehle tritt Mose.








Die Szene aus Beth Schan, Othmar Keel, Die Welt der altorientalischen Bildsymbolik und das AT, S. 274

Unter dem Stichwort mhr (piel) (V. 5) finden wir in Josua 2, in der Geschichte der Kundschafter bei der Dirne Rahab in Jericho. Die Frau versteckt die Spione, während sie die städtischen Soldaten zur Verfolgung aussendet. Am darauf folgenden frühen Morgen wird die Stadt von den herbeieilenden Israeliten zerstört (Jos. 8, mhr in V. 14.19). Hier erfolgt die Zerstörung der Stadt nicht durch den dämonischen Gott Jahwe sondern durch dessen Anhänger. Und was auffällt, für die Zerstörung Jerichos wird nicht einmal einen moralischer Grund angegeben (Jos. 4, mhr in V. 10).

In der Simson-Geschichte (Richter 13) kommt mhr (piel) wie in I. Mose 18,1-16a im Zusammenhang einer göttlichen Verheissung vor: In V. 10 hat es nicht ein Mann eilig, sondern eine Frau, die Frau des Manoah. Ihr wird wie der Sara von einem Unbekannten, hier ausdrücklich ein Bote Gottes, einen Sohn, Simson (kleine Sonne) verheissen. Simson hat Züge, die wir beim herumziehenden Jahwe gefunden haben: Simson zerstört aus Zorn die feindlichen Felder, weil er seine Braut nicht findet (Ri. 15). In tiefer Nacht verrät ihn seine Geliebte (Ri. 16,4-21) im Gegensatz zu Rahab in Jericho, und zuletzt zerstört er die Stadt der Philister (Ri. 16,23-30). In der Figur Simsons wird der Vollzug des Sonnenmythus vom göttlichen Ich zum menschlichen Ich konsequent vollzogen. So schreibt H. W. Hertzberg etwas gar harmlos:

Simson ist der Mann der ungefügten Kraft,
im Grunde aber ein Mensch "wie jeder andere".

Um die Gestalt David ranken sich die nun bekannten Motive individualisiert: Unter dem Stichwort mhr (piel) und im Hinblick auf unseren Text I. Mose 18 ist die Geschichte David und Abigail besonders interessant: David hütet ungefragt die Herden Nabals. Dieser will ihm aber keinen Lohn zahlen, worauf David nach dessen Leben und Gut trachtet. Da kommt Abigail, die Hausherrin, mit reichen Geschenken David schnell entgegen (I. Sam. 25, mhr in V. 18.23.34.42). David dankte Gott für die Klugheit Abigails und sagte zu ihr:

"wärest du mir nicht eilends entgegengekommen, so wäre dem Nabal bis zum Anbruch des Morgens nichts übrig geblieben, was männlich ist" (I. Sam. 25,34).

David nimmt Abigail zu seiner Frau und sie bekommt von ihm einen Sohn (I. Sam. 25,42f).

Die Motive dieser Erzählung sind ganz ähnlich wie in I. Mose 18 und 19: David zerstört seinen Widersacher am anderen Morgen und zeugt mit Abigail einen Sohn. Dass auch in I. Mose 18 ein Sohn gezeugt wird, darauf kommen wir noch.

In der deuteronomistisch-jahristischen Literatur kommt mhr dreimal in Erzählungen von "wasserholenden Mädchen und Frauen" vor:

I. Mose 24 versorgte Rebekka den Verwalter und seine Kamele mit frischem Wasser, dann eilte sie ins Haus ihrer Mutter Milka.

In Ex. 2,11-22 kamen die sieben Töchter des Midianiter-Priesters Reguel zum Brunnen, auf dem Mose sass. Die sieben Mädchen wollten Wasser für die "Schafe ihres Vaters" schöpfen. Hirten jagten sie davon. Aber Mose erhob sich, half den sieben Töchtern, und tränkte ihre Schafe. Als sie nun zu ihrem Vater Reguel heimkamen, sprach er: Warum kommt ihr heute so bald (mhr pi) heim? Sie antworteten: Ein Ägypter hat uns gegen die Hirten geholfen; ja, er hat uns sogar Wasser geschöpft und die Schafe getränkt (Ex. 2,16-19). Darauf liess Reguel Mose kommen und gab ihm eine seiner Töchter, Zipporah, zur Frau. Die gebar ihm einen Sohn, den Mose Gersom (= Gast) nannte (V. 20-22).

Nach I. Samuel 9 ist Saul mit seinem Knecht auf der Suche nach seinen beiden Eselinnen (V. 1-4). Nach langem Suchen entschlossen sie sich in die Stadt Zuph (V. 5) zu gehen, um den dortigen Seher nach dem Wege zu fragen (V. 8f.). Vor der Stadt eilten (mhr) ihnen Mädchen entgegen, "um Wasser zu schöpfen" (V. 11).

Auffällig ist, dass Saul "in den Höhen auf dem Dach eines Hauses übernachtete, um dann am Morgen zum "König von Israel" ausgerufen zu werden. Im Vergleich: Absalom ging auf dem "Dach des Palastes" vor allem Volk zu den "Nebenfrauen" Davids, um sich als neuer König zu legitimieren (II. 16.21ff). In Josua 2 versteckt Rahab die beiden Kundschafter nicht im Keller oder sonst in einem Verliess sondern auf dem Dach (V. 6), wo sie übernachten. Nach dieser Erzählung sind die beiden Männer zwar bloss israelitische Kundschafter, aber der Anspruch ist klar, die Stadt gehört Jahwe und er zerstört sie.

2.2. Mhr (eilen) bei Jesaja und Deuterojesaja

Jesaja 8,1-4

Und sprach Jahwe zu mir: Nimm dir eine grosse Tafel und schreibe darauf mit einem Unheilsgriffel: "Eilebeute - Raschraub" (Maher-Schalal Chasch-Bas). Da bestellte ich (aid hif.) mir vertrauenswürdige Zeugen, Uria, den Priester, und Sacharja, den Sohn Jeberechjas. Darnach ging ich zu der Prophetin und sie wurde schwanger und gebar einen Sohn. Da sprach der Herr zu mir: Gib ihm den Namen Maher-Schalal Chasch Bas" (Eilbeute-Raschraub). Denn ehe der Knabe "mein Vater" und "meine Mutter" sagen kann, wird man den Reichtum von Damaskus und die Beute Samarias vor dem König von Assyrien einhertragen (nsa)

Der Sohn Jesajas wird mit seinem Namen zum Träger der assyrischen Gefahr. Bald darauf wird das assyrische Militär Damaskus und Samaria zerstören. Nach prophetischem Spruch ist die Zerstörung als Strafe Gottes für den Mangel an Glauben zu verstehen.

Wenn also "Assur als Antichrist und satanische Widersacher" erscheint, wie dies Hugo Gressmann schreibt, so ist dieser Aspekt in Jahwe selber enthalten. So schreibt O. H. Steck:

Jesaja kündet Jahwe in der abgründigen Souveränität dessen, der unbeirrbar zu seinen Zusagen, zu seinen Angeboten steht und doch den Verstockten will, damit Gericht in längst verfügter Unabänderlichkeit eintreten kann.

Das Destruktive ist ein Aspekt Gottes, das sich verwirklichen will. Dabei ist Verstockung eines Volkes oder die moralische Begründung der Katastrophe nur ein Mittel, um diesen destruktiven göttlichen Aspekt erträglich zu machen. Bei Jesaja wird aber im Krieg und in der Zerstörung der Gegenpol sichtbar, so nennt er eines seiner Kinder "ein Rest kehrt um", das Verheissung zum Frieden und zum Heil verkündet.

Bei Deuterojesaja nimmt nach vollzogenem Gericht Frieden und Heil konkrete Gestalt an.

Zion sprach: "Verlassen hat mich Gott, der Herr hat meiner vergessen". Wird auch ein Weib ihres Kindleins vergessen, dass sie sich nicht erbarmte über den Sohn ihres Leibes? Und ob sie gleich seiner vergässe, so will ich deiner nicht vergessen. Siehe, auf meine Hände habe ich dich gezeichnet; deine Mauern habe ich immerdar vor Augen. Deine Erbauer eilen herbei (mhr)- da ziehen aus von dir deine Zerstörer und Verwüster. Erhebe deine Augen ringsumher und sieh: sie alle versammeln sich, kommen zu dir, so wahr ich lebe, spricht der Herr; du wirst sie alle wie einen Schmuck anlegen, wirst dich mit ihnen gürten wie eine Braut. Denn deine Trümmer und Wüsteneien und dein verheertes Land - ja, nun wird es zu eng sein für die Bewohner und deine Verderber werden ferne sein. Es werden dereinst noch zu dir sprechen die Kinder, die dir, der Kinderlosen, geboren werden: Der Platz ist mir zu eng: Schaff mir Raum, dass ich wohnen kann (Jesaja 49,14-20).

In Jesaja 49,14-20 ist "Zion" in verschiedenen Bildern vorgestellt: "Zion" die "göttliche Ehefrau", "die Braut", "die Stadt", aber auch "die Kinderlose" und "die Mutter". Mit diesen Bildern sind verschiedene Motive verknüpft: "die von ihrem "Ehemann" verlassene "Ehefrau", "Zion" ist die verwüstete Stadt mit niedergerissenen Mauern. In einer Zukunftsvision sieht der Prophet Zion als "umgürtet mit ihren Eroberern und Verwüstern wie eine Braut" (Jes. 49,18). Weiter ist "Zion" die Kinderlose, die trotz ihrer Unfruchtbarkeit Kinder bekommt (V. 20).

In Jesaja 51 erscheint Jahwe als Drachentöter und Retter des Glaubenden:

Ich, ich bin euer Tröster! Wer bist du denn, dass du dich vor Menschen gefürchtet hast, die doch sterben, und vor Menschenkindern, die wie Gras vergehen, und hast Jahwe vergessen, der dich gemacht hat, der den Himmel ausgebreitet und die Erde gegründet hat, und hast dich ständig gefürchtet den ganzen Tag vor dem Grimm des Bedrängers, als er sich vornahm, dich zu verderben? Wo ist nun der Grimm des Bedrängers? Der Gefangene wird eilends losgegeben, dass er nicht sterbe und begraben werde und dass er keinen Mangel an Brot habe. Denn ich bin Jahwe, dein Gott, der das Meer erregt, dass seine Wellen wüten - sein Name heißt Jahwe Zebaoth -; ich habe mein Wort in deinen Mund gelegt und habe dich unter dem Schatten meiner Hände geborgen, auf dass ich den Himmel von neuem ausbreite und die Erde gründe und zu Zion spreche: Du bist mein Volk (Jesaja 51,12-16)

Den Psalmen ähnlich gilt hier Gott als Bezwinger des Urmeeres (Jesaja 51,9-11), als Tröster und Retter des Widersachers. Jahwe ist hier nicht mehr der Dämon, der das Herz der Feinde verstockt, den Sünder straft oder Länder versengt.

Jesaja 59,7: Gott überwindet die Sünde seines Volkes:

Siehe, Jahwes Arm ist nicht zu kurz, dass er nicht helfen könnte, und seine Ohren sind nicht hart geworden, so dass er nicht hören könnte, sondern eure Verschuldungen scheiden euch von eurem Gott, und eure Sünden verbergen sein Angesicht vor euch, dass ihr nicht gehört werdet. Denn eure Hände sind mit Blut befleckt und eure Finger mit Verschuldung; eure Lippen reden Falsches, eure Zunge spricht Bosheit. Es ist niemand, der eine gerechte Sache vorbringt, und niemand, der redlich richtet. Man vertraut auf Nichtiges und redet Trug; mit Unheil sind sie schwanger und gebären Verderben. Sie brüten Natterneier und weben Spinnweben. Isst man von ihren Eiern, so muss man sterben, zertritt man sie aber, so fährt eine Schlange heraus. Ihre Gewebe taugen nicht zu Kleidern, und ihr Gespinst taugt nicht zur Decke. Ihre Werke sind Unheilswerke, an ihren Händen ist Frevel. Ihre Füße laufen zum Bösen, und sie sind schnell dabei, unschuldig Blut zu vergießen. Ihre Gedanken sind Unheilsgedanken, auf ihren Wegen wohnt Verderben und Schaden. Sie kennen den Weg des Friedens nicht, und Unrecht ist auf ihren Pfaden. Sie gehen auf krummen Wegen; wer auf ihnen geht, der hat keinen Frieden.
(59,1-8)

Jesaja 59 stammt einer Interessensgemeinschaft im frühen 5. Jahrhundert vor Chr. Hier wird Blut vergiessen, Unheilswerke und Frevel als Tat des Menschen verstanden, als Sünde des Menschen, dem Jahwe hilft.

In Jeremia 48 wird der Untergang Moabs prophezeit:

Wie könnt ihr sagen: Wir sind Helden und rechte Kriegsleute? Moab wird verwüstet, und seine Städte werden erstiegen, und seine beste Mannschaft muss hinab zur Schlachtbank, spricht der König, welcher heisst Jahwe Zebaoth. Denn der Untergang Moabs wird bald kommen (mhr), und sein Unglück eilt herbei. Habt doch Mitleid mit ihnen, alle, die ihr um sie her wohnt und ihren Namen kennt, und sprecht: "Wie ist das starke Zepter und der herrliche Stab so zerbrochen!" Herunter von der Herrlichkeit, du Tochter Dibon, und setz dich in den Staub! Denn der Verwüster Moabs wird zu dir hinaufkommen und deine Bollwerke zerstören (Jeremia 48,14-17)

Hier wird um Mitleid mit dem sterbenden Volk Moab gefleht. Die vollständige Zerstörung kommt von Jahwe, dem Verwüster, von dem es einige Verse vorher heisst:

Der Verwüster kommt über jegliche Stadt, und keine wird gerettet; die Täler werden verheert, und die Felder werden verwüstet, wie Jahwe gerdet hat. Gebt Moab Flügel, dass es auf und davon fliege! Seine Städte werden zur Einöde, niemand wohnt mehr darin. Verflucht, wer das Werk Jahwes lässig treibt! und verflucht, wer sein Schwert vom Blute zurückhält! (Jeremia 48,8-10)

Mitleid kommt nur im Wünsch "Gebt Moab Flügel, dass es auf und davon fliege!" zum Ausdruck, doch grundsätzlich wird auf die brutale Vernichtung dieses Volkes, denn Jahwe verflucht jeden, der sein Schwert vom Blute zurückhält! Mit gleicher Grausamkeit bestraft Jahwe Ägypten (Jeremia 46) und die Philister (Jeremia 47).

Im Gegensatz zur deuteronomistisch-jahwistischen Geschichtsbüchern spielt hier in "den Weissagungen über fremde Völker (Jeremia 46-51)" die emotionale Komponente von Entsetzen und Mitleid eine Rolle.

Im Klagelied eines Einzelnen wird in Psalm 69 Jahwe um Erlösung vor Schmach und Feinden angefleht.

Erhöre mich, Jahwe, denn deine Güte ist tröstlich; wende dich zu mir nach deiner grossen Barmherzigkeit und verbirg dein Angesicht nicht vor deinem Knechte, denn mir ist angst; erhöre mich eilends. Nahe dich zu meiner Seele und erlöse sie, erlöse mich um meiner Feinde willen. Du kennst meine Schmach, meine Schande und Scham; meine Widersacher sind dir alle vor Augen. Die Schmach bricht mir mein Herz und macht mich krank. Ich warte, ob jemand Mitleid habe, aber da ist niemand, und auf Tröster, aber ich finde keine. Sie geben mir Galle zu essen und Essig zu trinken für meinen Durst. (Psalm 69,17-22)

Der Beter des Klagepsalms bittet tief verletzt Jahwe für den persönlichen Schutz und für das Verderben des Feindes:

"Füge noch Schuld zu ihrer Schuld hinzu;.." (Ps. 69,28).

Dieser im 5. Jh. v. Chr. entstandene Psalm offenbart unseren menschlichen Abgrund, den wir abzulegen bemüht sein sollten.

Die meisten hier aufgearbeiteten mhr-Stellen vom Alten Testament zeigen die Gefahr, die von Jahwe oder seinen Anhängern im Zusammenhang mit "Eile" ausgeht. Nur selten ist von Errettung durch Gott die Rede.

Nirgends aber kommt "Eile" so häufig vor wie in I. Mose 18. Es ist wie eine Beschwörung, wie, wenn man auf etwas nicht eingehen will, das in der Luft liegt. Diesem vibrierend Drohende kommen wir in der Frage "Wo ist dein Weib Sara?" näher.

3. Die Verheissung

I. Mose 18,9-16a

Die Autoren von I. - IV. Mose gehören zur selben theologischen Schule und werden kurz "der Jahwist" genannt. Sie lebten vermutlich in der Exiliszeit, doch gibt es auch Forscher, die sie in der hasmonäischen Zeit ansiedeln. "Der Jahwist" kannte die Theologie der vorexilischen Propheten und gilt heute als Nachfolgeschule der deuteronomisch-deuteronomistischen Tradition. Er entfaltet die beim Deuteronomisten keimenden Hoffnung auf den Neubeginn des Volkes Israel nach der Katastrophe der Zerstörung Jerusalems, welche die Deuteronomisten als Endgericht Jahwes verstanden. Der Jahwist seinerseits gestaltet das Motiv des Neubeginns in der Verheissung eines Sohnes, aus dem ein riesiges Volk entstehen soll. Dabei kann er auf Jesaja zurückgreifen und dessen Spruch:

Denn ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns gegeben,
und die Herrschaft kommt auf seine Schulter, und er wird genannt: Wunderrat, starker Gott, Ewigvater, Friedensfürst (Jes. 9.6)

In I. Mose 18,9-16a ist Sarah unfruchtbar. Das Motiv "Unfruchtbarkeit" ist in der Bibel gut belegt: Rebekka (I. Mose. 25,21) Rahel (Gen. 29,31), Hannah (I. Sam. 1,6; 2,21 pqd) und Elisabeth (Luk. 1,7) sind unfruchtbar. In I. Mose 16 und Richter 13 begegnen Frauen einem Numen oder dem Boten Gottes und werden schwanger, genauso wie Maria in Lukas 1,26. In diesen Stellen wird der betreffenden Frau ein Kind verheissen. Und so ist es auch in unserem Text, I. Mose 18: Drei Fremde sitzen essend und trinkend unter dem Baum, während Abraham vor Furcht auf dem Boden kriecht. Und dann fragt einer der Gesättigten unvermittelt: Wo ist deine Frau (V. 9)? Also man muss schon recht naiv oder vom religiösen Eifer verblendet sein, um nicht das Begehren des Fragenden zu erkennen.

3.1. Sarah lacht

Dass es in I. Mose 18,10 ursprünglich nicht um eine Verheissung sondern um die Zeugung geht, dafür gibt es mehrere Indizien. Zu I. Mose 18,9-16a müssen wir I. Mose 21,1-7 heranziehen, denn diese Notiz ist der eigentliche Schluss unseres Textes.

Betrachten wir einmal den Namen des Neugeborenen "Jizhaq" in I. Mose 21,3-7:

Und Abraham nannte den Sohn, der ihm von Sara geboren worden war, Isaak. Am achten Tage aber beschnitt Abraham seinen Sohn Isaak, wie ihm Gott geboten hatte. Abraham war hundert Jahre alt, als ihm sein Sohn Isaak geboren wurde.

Da sprach Sarah: Ein Lachen hat mir Gott bereitet!

Wer davon hört, wird über mich lachen. Und sie sprach: Wer hat je dem Abraham verkünden können, dass Sarah Kinder stillt? Und doch habe ich ihm in seinem Alter einen Sohn geboren!

Der wichtige Satz hier ist: "Da sprach Sarah: Ein Lachen hat mir Gott bereitet! Lachen wird mit dem hebräischen Ausdruck Zhq ausgedrückt. Zhq ist im Alten Testament selten. Bezeichnend ist, dass zhq ausser an zwei Stellen (Ezechiel 23,32 und Richter 16,25) nur beim Jahwisten vorkommt und gehäuft in unserem Text I. Mose 18,12-15 und I. Mose 21,6. Der Jahwist benutzt in der Abrahamserzählungen zhq für "lachen" (I. Mose 17,17 oder I. Mose 21,9). Nicht eindeutig ist zdq in I. Mose 26,8 verwendet, dort schaut Abimelech, der König der Philister bei Isaak zum Fenster hinein und sah ihn mit Rebekka zusammen. Was die beiden tun, wird mit zhq bezeichnet. Die Züricher Bibel übersetzt die Handlung der beiden als "kosen", in der Luther Bibel steht:

Als er nun eine Zeitlang da war, sah Abimelech, der König der Philister, durchs Fenster und wurde gewahr, dass Isaak scherzte mit Rebekka, seiner Frau. Da rief Abimelech den Isaak und sprach: Siehe, es ist deine Frau. Wie hast du dann gesagt: sie ist meine Schwester? Isaak antwortete ihm: Ich dachte, ich würde vielleicht sterben müssen um ihretwillen. Abimelech sprach: Warum hast du uns das angetan? Es wäre leicht geschehen, dass jemand vom Volk sich zu deiner Frau gelegt hätte, und du hättest so eine Schuld auf uns gebracht. Da gebot Abimelech allem Volk und sprach: Wer diesen Mann oder seine Frau antastet, der soll des Todes sterben.

Isaak hatte nicht gesagt, dass Rebekka seine Frau ist, damit er nicht sterbe. Abimelech erschrickt mit der Begründung:

"Es wäre leicht geschehen, dass jemand vom Volk sich zu deiner Frau gelegt hätte, und du hättest so eine Schuld auf uns gebracht."

Die beiden Motive "kosen" und "zu jemanden liegen" kommt dann explizit in I. Mose 39,14-17 vor.

Da hielt die Frau des Potifars das Kleid Josefs in der Hand und rief: Seht, da hat er uns einen Hebräer ins Haus gebracht, dass der seinen Mutwillen mit uns treibe (zdq). Er kam zu mir herein, um sich zu mir zu legen; aber ich schrie laut. Und als er hörte, dass ich ein Geschrei erhob und rief, liess er sein Kleid neben mir und floh und lief zum Hause hinaus.

Ambivalent wird zdq in II. Mose 32,6 gebraucht:

Als Aaron das sah, baute er einen Altar vor demselben und liess ausrufen: Morgen ist ein Fest für Jahwe. Und am andern Morgen in der Frühe opferten sie Brandopfer und brachten Heilsopfer dar; darnach setzte sich das Volk nieder, zu essen und zu trinken, und dann erhoben sie sich, um sich zu belustigen (Zhq; V. 5-6).

In der Züricher Bibel wird zhq mit "belustigen" übersetzt, die Luther-Bibel von 1984:

Danach setzte sich das Volk, um zu essen und zu trinken, und sie standen auf, um ihre Lust zu treiben.

II. Mose 32 ist das Kapitel vom Goldene Kalb, das bei Amos im Zusammenhang einer sexuellen Orgie angeprangert wird. (vgl. Amos 3,14-15).

Ich denke, aus diesen Stellen ergibt es sich, dass wenn es um Mann und Frau geht, "zu jemanden liegen" gemeint ist. So auch in I. Mose 21,7 "Da sprach Sarah: (Sexuelle) Lust hat mir Gott bereitet!" Dieser Eindruck wird bestärkt durch einen weiteren Begriff, pqd, der in I. Mose 21,1 vorkommt.

3,2. Pqd (sich jemanden annehmen, heimsuchen)

In I. Mose 21,1 steht:

Jahwe aber nahm sich Sarah an (pqd), wie er verheissen hatte, und tat an ihr nach seinem Worte: Sarah wurde schwanger und gebar dem Abraham in seinem Alter einen Sohn, um die Zeit, die Gott angekündigt hatte (I. Mose 21,1)

"Jahwe nimmt sich Sarah an" (pqd). Die Bedeutung von pqd ist umstritten, sie kreist um die Vorstellung von "vermissen", "sich kümmern" oder "mit Sorge bzw. Interesse auf/nach etwas/jemanden schauen". Theologisch kennen wir den Begriff pqd vor allem im negativen Sinne von "heimsuchen": Strafe Gottes aufgrund der Verfehlungen des Menschen.

Bei Hosea finden wir eine Stelle, in der pqd im Sinne von "heimsuchen" genau dieselbe Situation wie in unserem Text, I. Mose 18,9-16a, beschreibt, allerdings im negativen Sinne:

Sie werden essen und nicht satt werden; sie werden Unzucht treiben und sich doch nicht vermehren; denn sie haben Jahwe verlassen, um festzuhalten an der Unzucht, Wein und Most benimmt dein Verstand. Mein Volk befragt seinen Baum, und sein Stab soll ihm Kunde geben; denn der Geist der Unzucht hat sie verführt, und sie sind ihrem Gott untreu geworden. Auf den Höhen der Berge opfern sie, und auf den Hügeln räuchern sie unter Eiche, Pappel und Terebinthe - ihr Schatten ist ja so lieblich. Darum, ob auch eure Töchter Unzucht treiben und eure jungen Frauen die Ehe brechen, ich werde es nicht heimsuchen (pqd) an euren Töchtern, dass sie Unzucht treiben, und an euren jungen Frauen, dass sie die Ehe brechen. Denn sie selbst gehen beiseite mit den Dirnen und opfern mit den geweihten Buhlen, und das unverständige Volk kommt zu Fall. (Hos. 4,10-14) (vgl. Jer. 3,6; 2,20ff.)

Auffälliger kann die Ähnlichkeit beider Texte nicht sein: Hoseas Polemik richtet sich gegen das Volk, dass essend und trinkend unter jedem Baum Unzucht treibt. Demgegenüber beschreibt der Jahwist ein scheinbar heilvolles Ereignis: Drei Fremden sitzen schmausend unter einem Baum und fragen nach der Frau. Hosea 4,10-14 erscheint wie die Vorlage zur Gestaltung von I. Mose 18,9-16a mit gegensätzlicher Pointe: Bei Hosea vermehrt sich das Volk nicht trotz sexueller Vereinigung? Bei Sarah ist es gerade umgekehrt, bis zu dieser Offenbarung unter der Terepinthe ist sie nie schwanger geworden. Im Vergleich der beiden Texte kommt noch ein weiterer Unterschied zu Tage: Nach Hosea werden nicht die buhlenden Frauen und Mädchen "heimgesucht" (="bestraft"), sondern die verantwortlichen Männern, während in I. Mose 21,1 Jahwe sich persönlich der Sarah annimmt.

Bei Amos sucht Jahwe sein Volk wegen dem Stierkult heim (pqd):

An dem Tage, wo ich an Israel seine Freveltaten heimsuche, da suche ich sie heim an den Altären von Bethel; da werden die Hörner des Altars abgehauen und fallen zu Boden. Und ich zerschlage das Winterhaus mitsamt dem Sommerhaus; aus ist's dann mit den Elfenbeinhäusern, die Ebenholzhäuser verschwinden, spricht der Herr. (Amos 3,14-15)

Diese Stelle ist II. Mose 32,6 ähnlich, wo das Volk unter dem Golden Kalb seiner Lust nachgeht (zhq). Bei Amos fallen die Begriffe "Winterhaus" und "Sommerhaus" auf. Diese Bezeichnungen gehören zum Doppelaspekt der Aschera (oder Atirat) als Al-Lat (= Sommerhaus) und Al-Ussah (= Winterhaus). Die Polemik des Propheten Amos trifft also nicht nur den Baal- sondern auch den Ascherah-Kult.

Pqd als heilvolle Zuwendung kommt z.B. in Jer. 29,10 vor:

Denn so spricht Jahwe: Erst wenn siebzig Jahre für Babel um sind, will ich nach euch sehen. dann will ich meine Verheissung an euch erfüllen und euch wieder an diesen Ort bringen. Denn ich weiss, was für Gedanken ich über euch hege, spricht der Herr, Gedanken zum Heil und nicht zum Unheil, euch eine Zukunft und Hoffnung zu gewähren. Wenn ihr mich ruft, so will ich euch antworten; wenn ihr zu mir betet, will ich auf euch hören.(Jeremia 29,10-12)

Hier ist die Vorstellung, dass Jahwe nach 70 Jahren Gefangenschaft im Exil dem Volk Israel Heil schafft. Auch diese 70 Jahren dürfte der Jahwist in der Verheissungsgeschichte aufgegriffen und neu interpretiert haben, denn Sarah und Abraham waren im hohen Alter, als sie den ersehnten Knaben erhalten.

3.3. Sarah im Zelt

3.3.1 Das Zelt der Mutter

In I. Mose 18 lagen die drei Fremden unter dem Baum, während Sara im Zelt verborgen kochte.

Das beduinische Zelt im assyrisch-arabischen Raum war ein Spitzzelt bestehend aus einer Stange in der Mitte, um die herum Decken aus schwarzen Ziegenhaar hingen. Diese Zeltdecken wurden von den Beduinenfrauen verfertigt, und sie waren auch die Besitzerinnen der Zelte. Im Internet fand ich folgenden Artikel:

Die beduinische Frau besaß aus der Zeit des Matriarchats das bekanntlich unter den Beduinen der arabischen Halbinsel nie ganz überwunden werden konnte, gewisse Rechte. Zu diesen zählten der Besitz des Zeltes und das Recht auf die freie Entscheidung bei der Partnerwahl sowie die Scheidungsgewalt. Der Beduine zog in das Zelt seiner Braut ein und konnte so lange darin wohnen, wie dies von der Zeltherrin, sprich Ehefrau, erlaubt wurde. Wenn er z.B. bei Rückkehr von seinen Wanderungen den Zelteingang verändert, d. h. in eine andere Himmelsrichtung zeigend, vorfand, wusste er, dass die Zeltherrin sich von ihm getrennt hatte. Er war sozusagen verstoßen worden und durfte nicht mehr zu seiner Frau zurückkehren. Der Mann galt in der matriarchalischen Familie ohnehin als Fremdkörper, der mit den Kindern, die aus seiner Verbindung mit der Kindermutter hervorgegangen waren, nicht als verwandt angesehen wurde. Das arabische Wort für das Leben (hayat) ist vom haya' (Scham, Vagina) abgeleitet worden, weil man lange Zeit geglaubt hatte, dass allein die Mutter dem Kind das Leben schenkte. Die Frau war wichtiger für das Kind und für die Familie und stand dementsprechend auch im Mittelpunkt des rituellen Zeremoniells. Daran erinnert z.B. heute noch der Grundsatz der jüdischen Religion, wonach jemand Jude ist, wenn er von einer Jüdin geboren wurde. (Munir D. Ahmed "Frauen und der Islam, Von der Gleichstellung zur Gleichberechtigung")

Ganz ähnlich schreibt Leo Frobenius über die Beduinen:

Als Schmuck erscheint der Mann im matriarchalen Clan aber auch in Bezug auf seine Arbeitsleistung. denn: die Frau verarbeitet die Häute zu Leder; sie hütet und melkt das Vieh, sie errichtet im Nomadenleben Zelt und Hütte; sie näht, flickt, spinnt, webt; dabei verrichtet sie noch die ganze Küchenarbeit vom Wasserholen bis zur Speisevorlage. Der Mann aber ist nur Krieger und Jäger. Im übrigen spielt er, besonders wenn er irgendwo versagt, eine recht kümmerliche Rolle und wird von den Bedjafrauen am Roten Meer ebenso wenig geachtet und dem eigenen Bruder in allen Ausdrücken der Zutunlichkeit und Fürsorge des Herzens untergeordnet wie bei den primitiven Berbern der westlichen Hamiten.(Das unbekannte Afrika, S. 43)

Im Alten Testament wird dies belegt in I. Mose 24,67; 31,33 und Richter 4,17. Die Autoren von I. - IV. Mose versuchen die Zelte als Besitz von Männern darzustellen. So ist z.B. die Notiz I. Mose 24,67 manipuliert. Deshalb sind sich Bibelübersetzer über den Satz nicht einig. Im Masoretentext steht, z.B.:

Da führte Isaak Rebekka ins Zelt seiner Mutter Sara hinein

Und im hebräischen Text wird vorgeschlagen:

Da führte Isaak Rebekka in ihr Zelt hinein.

Die Züricher Bibel übersetzt:

Da führte Isaak Rebekka ins Zelt hinein.

Gerhard von Rad interpretiert diese Stelle in seinem Kommentar

Nun ist wieder eine Ahnfrau da für den Samen Abrahams. Gerade um diesen Zielgedankens willen ist die Erwähnung des Zeltes der Sara benannt.

Die Interpretation von Gerhard von Rad entspricht ganz der patriarchalen Mentalität der christlichen Theologen.

Im Alten Testament ist Oholi-ab als einziger Zeltweber erwähnt: Er soll als Schmid, Zimmermann und Bundweber gewirkt haben (II. Mose 38.23). Von den Forschern gilt diese Stellen als sekundär vom priesterlichen Redaktor eingefügt. Was beim Namen Oholi'ab auffällt, ist die Ähnlichkeit mit dem Namen Oholi'ba. Oholiba ist der Namen, den der Prophet Ezechiel ein paar hundert Jahren vorher Jerusalem gab.

Ein weiterer Name auf die Wurzel oholi…. ist in der priesterlichen Namensliste von I. Mose 36,1-14.25 zu finden, nämlich der Name Oholibama. Oholibama heisst die edomitische Stammmutter. Die Liste, in der der Name vorkommt, ist sehr alt, aber von den Priestern überarbeitet. Die Priester bereinigen Oholibama patrilinear, d.h. die Frau erhält einen Ehemann, den Esau, der so zum Stammvater der Edomiter wird. Doch Oholibama wird ein paar Verse vorher unabhängig von einem Mann als Stammmutter der Edomiter erwähnt (I. Mose 36,14). Dazu schreibt Robert von Ranka und Raphael Patai:

In Gen. 36,10-14 werden die Söhne Esaus - ebenso wie in Gen. 35,23-6 die Söhne Jaakobs - mit ihrer matrilinearen Abstammung aufgezählt. Jaakobs Söhne hatten vier Stammmütter, nämlich Leah, Rachel, Bilhah und Silpah. Vielleicht weil Esau nur drei hatte, fügte der Chronist eine weitere hinzu - Timnah, die Schwester von Lotan (Lot) -, um eine Parallele herauszustreichen. die früheren Konföderationen scheinen den zwölf Zeichen des Tierkreises entsprochen zu haben

Der Name Oholibama setzt sich zusammen aus einer Pluralbildung von "Zelt" (Feminimum mit männlicher Pluralbildung) und Bama (Kulthöhe). Das Wort heisst also "Zelte der Kulthöhe". Dieser Name erinnert an die Polemik von Hosea, die wir oben zitiert haben.


3.3.2. Namen aus der Wurzel Ohel (Zelt)

Interessant sind auch die Namen Oholiba und Ohola, die Ezechiel den Städten Jerusalem und Samaria gab. Sie sind zu übersetzen mit "mein Zelt ist in ihr" und "ihr gehört ein Zelt". Nach dem hebräischen Schulbuch von Hollenberg-Budde ist bei oholi-b-a das b als b pretii zu lesen und dann würde der Name "das Zelt für sie" heissen. Nach Eichrodth erinnern "Oholiba" und "Ohola" an kanaanäische Höhenheiligtümer, gegen die Ezechiel protestiert. Dabei knüpft der Prophet an die beduinische Tradition an. Wie andere Schriftpropheten übernimmt er Vorstellungen aus einer anderen Sozialstruktur, um die Missstände, die sexuellen Ausschweifungen in der eigenen patriarchalen Gesellschaft zu kritisieren.

Ohola und Oholiba sind bei Ezechiel Königinnen, eigentliche Machtträgerinnen (Ez. 16,13). Historisch kennen wir solche Herrscherinnen aus den Anfängen des arabischen Reiches. Qedar, der wichtige Stamm im ismaelitischen Stämmebund wurde im 8. und 7. Jahrhundert v. Chr. von Königinnen regiert Eine Königsliste aus den assyrischen Annalen:

Zabibe, Königin von Qedar und Arabien
Samsi, Königin von Arabien
Yatt'e, Königin von Arabien
Te'elhunu, Königin von Arabien

Haza'il, König von Arabien
Yauta`b.Haza`il, König von Qedar, Arabien und Sumu'il
Abyata`b.Sahu, Qedarener, König von Arabien und Sumu'iL

um 738          vor Christus
     733/716    vor Christus
     703/702    vor Christus
 vor 681         vor Christus

 vor 649         vor Christus
 vor 676         vor Christus
 vor 648         vor Christus


Zunächst traten die Königinnen selber den Assyrern entgegen, dann wird die Königin durch ihrem Bruder NN vertreten. Dies geschah zur Zeit der Eroberungszüge der patriarchalen Assyrer, deren Grausamkeit sprichwörtlich war.

3.3.3. Die Assyrer und das Zelt der Mutter

Einen Eindruck ihrer Grausamkeit gibt die Analen von Assurbanipal, der im Namen der Göttin Isthar und zahlreichen anderen Göttern in die Schlachten zog:

.... und die Kidrai des Uaite, des Sohnes des Bir-Dadda, des Königs von Aribi, schloss ich ein. Seine Götter, seine Mutter, seine Schwester, sein Weib, seine Familie, die Einwohner von Kidri insgesamt, Esel, Kamele und Schafe, so viele deren meine Hände durch die Hilfe Assurs und der Istar, meiner Herren, erobert hatten, die Strasse nach Damaskus liess ich ihre Füsse einschlagen. Im Abu, dem Monate des Bogensternes, der starken Tochter Sins, am 3. Tage am nubattu (= Tage) des Königs der Götter, Marduk brach ich von Damaskus auf. Eine Strecke von 6 Doppelstunden legte ich die ganze Nacht zurück und marschierte nach Hulhuliti, einem unzugänglichen Berge, erreichte ich die Bande des Abijate, des Sohnes des Te'ri, des Kidräers, bereitete ihm eine Niederlage und führte Beute von ihm fort. Den Abijate' und den Aiammu, die Söhne des Te'ri ergriffen auf Befehl Assurs und der Istar, meiner Herren, im Kampfgetümmel lebendig meine Hände. Ihre Hände und Füsse warf ich in eiserne Fesseln. Zugleich mit der in ihren Ländern gemachten Beute führte ich sie nach Assyrien fort. Die Flüchtlinge, welche vor meinen Waffen geflohen waren, .... liess sie am und auf dem Berge verdursten...

Ein paar Seiten weiter hinten heisst es:

Die Einwohner von Aribi frugen einer den andern, gegenseitig: "Warum ist dem Lande Arubu (Aribi) eine derartig schlimme Sache widerfahren?" (und antworteten sich darauf selbst), (weil) wir uns versündigt haben gegen die Wohltat Assurbanipals, des Königs, den Ellil liebt. Ninlil, die Geliebte des Ellil, die Mächtige(?), die Stolze (?) unter den Göttinnen, welche mit Anu und Ellil siegreich den Platz beherrscht (?), stiess meine Feinde mit ihren starken Hörnern nieder. Istar, die in Arbela wohnt, war in Feuer gehüllt und trug einen furchtbaren Glanz. Auf Aribi ging ein Glutregen hernieder. Der starke Gira (Ura) rüstete Widerstand und erschlug meine Feinde. Ninib, der Wurfspeer, der grosse Held, der Sohn des Ellil, schnitt mit seinem spitzen Pfeile das Leben meiner Feinde ab. Nusku, der hehre sukallu, der meine Herrschaft entstehen lässt, welcher auf Geheiss Assurs und der Ninlil, der Herrin (der Schlacht?), mir zur Seite ging und mein Königtum beschützte, stellte sich vor meine Truppen und warf meine Feinde nieder. Von dem Ansturme der Waffen Assurs und der Istar, der grossen Götter, meiner Herren, die mir in der Schlacht zu Hilfe kamen, hörten die Truppen des Uaite' und empörten sich gegen ihn. Er fürchtete sich und das Haus, in das er geflohen, verliess er und durch den Beistand des Assur, Sin, Samas, Adad, Bêl, Nabû, der Istar von Niniveh, der Königin von Kidmuri, der Istar von Arbela, des Ninib, Nergal, Nusku, erreichte ihn meine Hand und ich führte ihn weg nach Assyrien. Unter Erhebung meiner Hände, die ich zur Besiegung meiner Feinde empfangen hatte, durchbohrte ich auf Befehl Assurs und der Ninlil mit meinem schneidenden Handmesser (?) seinen Kinnbacken, durch den Kiefer seines Antlitzes (?) zog ich einen Strick, legte ihm eine Hundekette an und liess ihn am Osttore in Niniveh, welches "nirib masnakti adnate" genannt wird, den Käfig bewachen. Um der Erhabenheit Assurs und der Istar und der grossen Götter, meiner Herren, meine Ehrfurcht zu zollen, erbarmte ich mich seiner und liess ihn am Leben. Auf meiner Rückkehr eroberte ich Usu, welches an der Meeresküste liegt. Die Einwohner von Usû, die sich ihren Statthaltern gegenüber nicht gefügig gezeigt (und) Tribut als Abgabe ihres Landes nicht gegeben hatten, tötete ich. Unter den unbotmässigen Einwohnern hielt ich ein Strafgericht ab; ihre Götter, ihre Leute führte ich als Beute nach Assyrien fort. Die nicht unterwürfigen Einwohner von Akku tötete ich. Ihre Leichname hing ich auf Stangen auf (und) liess sie die Stadt im Kreise umgeben. Den Rest von ihnen schleppte ich nach Assyrien, vereinigte ihn zu einer Heeresabteilung und fügte ihn zu meinen zahlreichen Truppen, die Assur mir geschenkt hatte, hinzu.

Aus Assurbanipal und die letzten assyrischen Könige bis zum Untergange Niniveh's, Teil III: Register, bearbeitet von Maximilian Streck

Auffallend ist der Umgang mit Frauen bei den Eroberungen. So schreibt Othmar Keel:

... Auf den unzähligen assyrischen Reliefs, die die Eroberung von Städten zeigen, sehen wir nie assyrische Soldaten gegen Frauen dieser Art tätlich wurden. Nomadenfrauen hingegen hat man anscheinend nicht nur hemmungslos umgebracht, sondern hat dieses brutale Vorgehen auch noch in Stein gehauen

Meines Erachtens hat das damit zu tun, dass unter den arabischen Stämmen das mütterliche Zelt unantastbar war, ein sakraler Bereich. Wie ich mit meinen Recherchen um das Wort "Ascham" festgestellt habe, war jeder unerlaubte Übergriff auf das Zelt ein Sakrileg, das mit einem Ascham-Opfer gesühnt werden musste.

Während die Städter dieselbe patriarchale Norm lebten wie die Assyrern, suchten die Soldaten mit der Eroberung der Beduinen auch deren matrizentristischen Struktur zu bezwingen. Sie zeigen damit die Verachtung für das matrizentrische System, in dem die Leistung der Männer von sekundärer Bedeutung sind.

Wie ich in anderen Aufsätze zeige, ist das unterschwellige Problem des Alten Testaments die Anpassung des israelitischen Stammensverbandes an die patriarchale Norm der Kulturländer. Diese Anpassung begann Ende des 2. Jahrtausend vor Christus. Was wir von dem "israelitischen" Stämmeverband kennen, ist ihr gemeinsames Heiligtum, "aaron" genannt. Aaron wird viel später mit der "Bundeslade" gleichgesetzt. Ursprünglich dürfte es sich um die Sonnengöttin von Arinna handeln. Der alte "israelitische" Stammesverband übernahmen die Göttin von den hethitischen Fürsten, die im syrisch-kanaanäischen lebten. Durch die Übernahme der Göttin als Stämme übergreifende Göttin und patriarchale Übermutter begann sich die matrizentristische Struktur zu zersetzen. David holte Aaron um die Jahrtausendwende nach Jerusalem. Damit wurde diese Stadt zum Zentrum des Nordreiches. Die Sonnenattribute der Göttin von Arinna gingen an Jahwe über. Sie selber hat durch die Jahrhunderte gewisse Wandlungen durchgemacht, die einstige Stammesgöttin wurde immer mehr zur Todes- und Fruchtbarkeitsgöttin.

3.3.4 I. Mose 19 im Vergleich zu I. Samuel 1

In I. Mose 18,8 sitzen die drei Fremden unter einem Baum, essen und trinken und fragen:

Da sprachen sie zu ihm: Wo ist Sara, deine Frau? Er antwortete: Drinnen im Zelt. Da sprach er: Ich will wieder zu dir kommen übers Jahr; siehe, dann soll Sara, deine Frau, einen Sohn haben.

Alsbald standen die Drei auf und meinten:

Und Jahwe sprach: Es ist ein großes Geschrei über Sodom und Gomorra, dass ihre Sünden sehr schwer sind. Darum will ich hinabfahren und sehen, ob sie alles getan haben nach dem Geschrei, das vor mich gekommen ist, oder ob's nicht so sei, damit ich's wisse. Und die Männer wandten ihr Angesicht und gingen nach Sodom. Aber Abraham blieb stehen vor Jahwe. (I. Mose. 18,19-22).

In Mose 19 treten statt die drei Fremden zwei Engel auf. Diese kamen nach Sodom, wo sie von Lot begrüsst werden:

Die zwei Engel kamen nach Sodom am Abend; Lot aber saß zu Sodom unter dem Tor. Und als er sie sah, stand er auf, ging ihnen entgegen und neigte sich bis zur Erde und sprach: Siehe, liebe Herren, kehrt doch ein im Hause eures Knechts und bleibt über Nacht; lasst eure Füße waschen und brecht frühmorgens auf und zieht eure Straße. Aber sie sprachen: Nein, wir wollen über Nacht im Freien bleiben. Da nötigte er sie sehr, und sie kehrten zu ihm ein und kamen in sein Haus. Und er machte ihnen ein Mahl und backte ungesäuerte Kuchen, und sie assen.

Bevor sie sich niederlegten, kamen die Männer von Sodom und verlangten nach den Besuchern. Lot verhandelte mit der Meute und bot den Männern anstelle der 2 Boten seine beiden Töchter an:

Aber ehe sie sich legten, kamen die Männer der Stadt Sodom und umgaben das Haus, jung und alt, das ganze Volk aus allen Enden, und riefen Lot und sprachen zu ihm: Wo sind die Männer, die zu dir gekommen sind diese Nacht? Führe sie heraus zu uns, dass wir uns über sie hermachen. Lot ging heraus zu ihnen vor die Tür und schloss die Tür hinter sich zu und sprach: Ach, liebe Brüder, tut nicht so übel! Siehe, ich habe zwei Töchter, die wissen noch von keinem Manne; die will ich herausgeben unter euch, und tut mit ihnen, was euch gefällt; aber diesen Männern tut nichts, denn darum sind sie unter den Schatten meines Dachs gekommen. Sie aber sprachen: Weg mit dir! Und sprachen auch: Du bist der einzige Fremdling hier und willst regieren? Wohlan, wir wollen dich noch übler plagen als jene. Und sie drangen hart ein auf den Mann Lot. Doch als sie hinzuliefen und die Tür aufbrechen wollten, griffen die Männer hinaus und zogen Lot herein zu sich ins Haus und schlossen die Tür zu. Und sie schlugen die Leute vor der Tür des Hauses, klein und groß, mit Blindheit, so dass sie es aufgaben, die Tür zu finden. (I. Mose 19,4-11)

Die Boten schlugen die Bevölkerung mit Blindheit, sodass diese die Tür nicht fanden. Lot floh mit seiner Familie in der Nacht und Sodom wie Gomorrha wurden vor Sonnenaufgang zerstört.

Also, die zweite Erzählung beginnt mit der göttlichen Bemerkung:

Und Jahwe sprach: Es ist ein großes Geschrei über Sodom und Gomorra,
dass ihre Sünden sehr schwer sind. (I. Mose 18,19)

In I. Mose 18,1-18 begegneten wir einem Abraham, der in grosser Furcht und Eile die Fremden verköstigt. Nach seiner Pflicht des Gastgebers fragten die drei nach Sarah. Diese Situation entspricht derjenigen, die Hosea polemisch verwirft, hier wird sie mit dem Spruch der Verheissung idealisiert. Das Geschrei, das durchaus zur Furcht Abrahams und seines Clans passt, wird verdrängt und auf eine andere Situation projiziert, auf die Städte Sodom und Gomorrha, von denen Jahwe bereits im Voraus weiss, dass sie sündig sind. In der folgenden Nacht kommen die zu zwei Boten mutierten Fremden selber in eine ähnliche Situation wie Abraham am Mittag. Nur wird diese Situation als verwerflich beschrieben, als straffällige Tat, die auch subito geahndet wird (I. Mose, 19.24f. Dass darauf Lot mit seinen Töchtern Unzucht treibt, ist offenbar wieder von geringerem moralischen Interesse).

Dieselbe Vorstellung von Moral und Unmoral in sexuellen Fragen kommt auch in I. Samuel 1 zur Sprache:

Elkana aus dem Gebirge Ephraim zog Jahr für Jahr mit seinen beiden Frauen Peninna und Hannah nach Silo zum Heiligtum, um zu beten und zu opfern. Peninna war Mutter vieler Kinder, Hanna war unfruchtbar. Als sich die ganze Familie wieder einmal in der Halle des Pilgerortes verköstigt, geht Hannah ins Heilige Zelt, um "vor Jahwe" ein Kind zu erflehen. Der zuständige Priester hiess Eli (= mein Gott). Er glaubt, Hannah sei betrunken und will sie wegweisen. Doch sie gab ihm ihren Wunsch kund, einen Sohn zu bekommen. Darauf erhält sie vom Priester die begehrte Verheissung.

Wie in I. Mose 18 steht in Silo ein (Heiliges) Zelt und ein (heiliger) Baum. Auf die schöne Erzählung der Verheissung wiederholt sich die gleiche Tat, doch nun nicht mehr idealistisch verklärt:

und dass sie (die Söhne Eli) bei den Frauen schliefen, die am Eingang des heiligen Zeltes Dienst taten (I. Samuel 2,22)

Die Frauen am Eingang des Zeltes sind sicher keine Ministranten, wie es in gewissen Kommentaren zu lesen ist, sondern Kultprostituierte, die im Kult der Ascherah Dienst hatten.

3.4. Terebinthe oder Eiche

Der in I. Mose 18,1 erwähnte Baum wird normalerweise mit Terebinthe (=Pistazienbaum) übersetzt. Die Terebinthe wird im Alten Orient mit einer weiblichen Gottheit assoziisiert, sie ist ein Baum Ascheras, ein Baum der Erkenntnis und der Fruchtbarkeit. Die Terebinthe gewährt den Männern Schutz vor der glühenden Sonne und lässt sie in ihrem Wohlbefinden nach dem Weibe gelüsten.

Im uns vorliegenden hebräischen Text ist der Baum elon(e) benannt. Dies bedeutet "Eiche" oder einfach "mächtiger Baum". Dieser wird wegen seines gewaltigen Wuchs mit El (=Gott) gleichgesetzt. El ist der Bewahrer des Kosmosordnung und zu dieser Ordnung gehört auch die Vereinigung der Geschlechter.


3.5. Sarah bäckt Kuchen

Auf die enge Beziehung zwischen "Zelt" und "Baum" weist auch der Verlauf der Erzählung: Nachdem Abraham die drei Männer bat, unter dem Baum (thachath ha'ez) zu lagern, hiess er Sarah im Zelt, Brot zu backen, um die Gäste unter dem Baum zu bewirten (V. 8). Diese Szene erinnert an die Ringbrote, die für die Feier beim Aufzug der Bundeslade nach Jerusalem verteilt wurden (II. Samuel 6), aber auch an die Polemik Jeremias an die Frauen, die der Himmelsgöttin Brote backen:

Und wenn wir der Himmelskönigin opfern und ihr Tankspenden ausgiessen, geschieht es etwa ohne den Willen unserer Männer, dass wir ihr Kuchen backen nach ihrer Gestalt und ihr Trankspenden ausgiessen (Jeremia 44,19)

Ganze Familien halfen für den Kult der Himmelsgöttin Brot zu backen:

Die Kinder lesen Holz auf, und die Väter zünden das Feuer an; die Frauen kneten um der Himmelskönigin Kuchen zu backen; und fremden Göttern spendet man Trank, um mir wehe zu tun. Tun sie denn mir wehe, spricht Jahwe, nicht vielmehr sich selber, dass ihr Antlitz erröten muss? Darum spricht Jahwe also: "Siehe, mein grimmiger Zorn ergiesst sich über diesen Ort, über die Menschen und über die Tiere, über alle Bäume des Feldes und über alle Früchte des Ackers - ein brennender, nie erlöschender Zorn. (Jeremia 7,18ff.)

"Sarah soll Brot backen" ist demnach ein Motiv aus dem Kult der Himmelsgöttin, die der Jahwist in den Jahwekult hinüberzieht. Jahwe respektive dessen Vertreter gebührt das Brot, denn Jahwe ist der Garant für die Fruchtbarkeit, wie der Autor in seinen Vorlagen vorfindet:

Aber sie (das Volk) hat nicht erkannt, dass ich es bin, der ihr das Korn und den Wein und das Öl gegeben und der ihr Silber in Menge geschenkt und Gold, das sie zum Baalsbild gemacht haben. Darum will ich mein Korn wieder an mich nehmen zu seiner Zeit und meinen Wein zu seiner Frist und will meine Wolle und meinen Flachs ihr entziehen, womit sie ihre Blösse bedecken wollte (Hos. 2,8-9)

3.6 Sara oder Asirat

Sarah wird normalerweise mit "Fürstin" übersetzt. Doch Sara kann auch aus dem Namen Asirat abgeleitet sein.

Bei den alten Phönizieren wurde Ashirat als Sonnengöttin verehrt, sie wurde aber immer mehr zur Schutz- und Muttergöttin und erfreute sich als Fruchtbarkeits- und Weisheitsgöttin grosser Beleibtheit. Ditlev Nielsen schreibt:

In semitischen Sprachen wird bekanntlich wissen, erkennen, Weisheit und Erkennen im sexuellen Sinne gebraucht. Ursprünglich war die Muttergöttin im alten Vorderasien Göttin der Weisheit, weil sie über dem himmlischen Fruchtbarkeitsbaum (Baum der Erkenntnis) verfügte, dessen Frucht den Sexualtrieb steigerte und die Zeugungskraft.

Aschera oder Ashirat ist als stilisierter Baum (Masseba) überliefert, so kennen wir sie auch aus dem Alten Testament. Ihr Sonnenaspekt, der bereits im Alten Orient in den Hintergrund trat, wird im Alten Testament nicht mehr wahrgenommen.



4. Traditionsgeschichte

 

I. Mose 18 stammt vom Jahwisten. Unter dem "Jahwisten" versteht man eine Schule, die an die deuteronomisch-deuteronom-ist-ischen Tradition anknüpft.

Die deuteronomistische Schule wurde nach der Zerstörung des Jerusalemer Tempels aktiv. Nach dieser Katastrophe entwarf sie die erste alttestamentliche Geschichtsschreibung. Diese beinhaltet die Bücher Josua bis 2. Könige. Wie O. H. Steck in seinem bemerkenswerten Buch "Israel und das Geschick der Propheten" gezeigt hat, wird in dem deuteronomistischen Geschichtswerk "Abfall des Volkes Israel von seinem Gott" und das Strafgericht Gottes, das in der Zerstörung Samarias (722 v. Chr) und Jerusalem (584 v. Chr.) vollzogen wird, systematisch dargestellt. Ein klassisches Beispiel dieser Vorstellung ist II. Könige 17:

A:   Abfall es Volkes Israel von seinem Gott
B:   Jahwe schickt dem Volk einen Propheten
C:   Das Volk Israel verwirft den Propheten, weiterer Abfall von Jahwe
D:   Jahwe vollzieht in der Zerstörung Samarias (722 v. Chr)
      und Jerusalems (587 v. Chr.) das Strafgericht

Mit der Zeit kommt das Motiv der Umkehr des Volkes und die Versöhnung mit Gott hinzu. Die Vorlagen der deuteronom-ist-ischen Schule sind die Aussagen der Schriftpropheten und der theologische Entwurf der deuteronomischen Schule. Die deuteronomische Schule entstand im Kreis des Propheten Hoseas im 8. Jahrhundert v. Chr. im Nordreich. In der Zeit der Zerstörung der Stadt Samaria (722 v. Chr.) flohen die Deuteronomen nach Jerusalem. Sie gaben die Urfassung des Buches 5. Mose heraus, das bei einer Renovation des Jerusalemer Tempels angeblich als "altes Buch" gefunden wurde (II. Könige 22).

Da auch in der aktuellen Bibelforschung noch keine Einigkeit über Zeit und Entstehung des Pentateuchs herrscht, bleibe ich bei den Ergebnissen, wie ich sie in den 80er Jahren an der Uni Zürich gelernt habe: Nach H.H. Schmid und Martin Rose schrieb der Jahwist in der Exilszeit die Geschichte Israel vor der Landnahme (I. - IV. Mose). Nachdem der Deuteronomist im grossen und ganzen die Bücher V. Mose bis II. Könige entworfen hatte, verfolgte der Jahwist die Geschichte Israels zurück zu deren Anfängen bis Abraham und darüber hinaus zurück bis zur Erschaffung des Menschen, der Erschaffung von Adam und Eva (I. Mose 2,5-3,24).

Der Deuteronomist wie der Jahwist benutzten für ihre Chronik alte schriftliche Quellen und mündliche Überlieferungen, die sie in ihrem Interesse und ihrem jeweiligen Zeitgeist interpretierten. Beide Werke wurden im 4. Jahrhundert vor Christus von den Autoren der Priesterschrift überarbeitet und erweitert. Die Autoren des Priesterkodex kamen zur Zeit Esras und Nehemias aus dem babylonischen Exil nach Jerusalem zurück. (Vgl. Esra, Nehemia), sie übernahmen ebenfalls altes Traditionsgut, zum Beispiel die Beschreibung der Bundeslade, welche sie nach babylonischer Vorlage neu entwarfen. Wie man sich Tradition und Neuinterpretation der Lade vorzustellen hat, beschreibt Martin Dibelius in seiner geradezu spannend zu lesenden Abhandlung "die Lade Jahves", die vor 100 Jahren, 1906, erschienen ist. Die Autoren des Priesterkodex fügten weiter ihre Genealogien und Gesetze ein und übernahmen die Endredaktion der 5 Bücher Mose. Die Frage, wie weit auch der Deuteronomist, Jahwist oder andere Schulen bei der Endredaktion mitgestaltet haben, überlass ich gerne unseren Exegeten.

Bitte beachten Sie den Unterschied zwischen deuteronomistisch und deuteronomisch.

  • Deuteronom:

Nach der Zerstörung der Stadt Samaria
(722/1 v. Chr.)

  • Deuteronomist:

Nach der Zerstörung des 1. Jerusalemer Tempels (587 v. Chr)

  • Jahwist

6.-5. Jahrhundert v. Chr.

  • Priesterkodex:

450 v. Chr.

  • Es gibt aber auch Texte, die sicher später in den Pentateuch eingefügt wurden.

Ergebnis zu I. Mose 18

In I. Mose 18 entwirft der Jahwist ein heiles Bild der Urahnen Abraham und Sarah. Sie begegnen Gott in Gestalt dreier Männer, die ihnen in ihrem hohen Alter ein Kind verheissen.

Die Erzählung entspricht dem patriarchalen Ideal: Unterwürfig verhält sich Abraham gegenüber den drei fremden Männer und gibt Befehle an Sarah weiter ohne Widerrede duldend. Zeigt Sarah eine Reaktion, kommt sie schlecht weg, anders als Abraham, der in I. Mose 17,17 lacht.

In I. Mose 18 beschreibt der Jahwist eine Szene, wie sie uns vom Propheten Hosea 4,10-14 überliefert ist: Nach Hosea sind es Frauen und Mädchen, die unter jedem Baum Unzucht treiben". In unserem Text lagern drei fremde Männer unter der Eiche (oder Terebinthe) und fragen nach der Frau. Doch statt von "Unzucht" ist hier von einer "Verheissung" die Rede.

Der Name Sarah lässt sich mit "Fürstin" übersetzten. Doch Sarah erinnert auch an Aschera, die mit der Sonnengöttin Asirat identisch ist. Beide sind Fruchtbarkeits- und Weisheitsgöttinnen. Der Baum ist ihr Attribut, der Baum der Weisheit. Die Terebinthe in unserem Text, unter dem sich die Gäste lagerten und nach Sarah fragen, lässt noch schwach den Baum der Göttin erahnen. Da im Alten Orient Fruchtbarkeit und Weisheit zusammengehörten, ist die Frage der Fremden nach Sarah an den Vollzug der Heilige Hochzeit (hieros gamos) denken.

Eine Heilige Hochzeit zur Mittagszeit ist in altorientalischen religiösen Texten belegt, so zeugt Re zur Mittagszeit das neue Sonnenkind, ebenso wie Baal mit der Kuh. In I. Mose 21,1 steht die kurze Notiz, Jahwe nähme sich Sarah an. Die Notiz wirkt wie eine Verzögerung des Satzes: "Wo ist Sarah?" Dazu gehört auch, wie Sarah im Folgenden den Namen Isaak erklärt: "Ein Lachen hat mir Gott bereitet", der in diesem Zusammenhang nur als sexueller Akt gemeint sein kann.

In der Figur Sarah ist Aschera/Ashirat ihrer Macht als Fruchtbarkeits- und Weisheitsgöttin völlig entkleidet. Auch die Erwähnung ihres hohen Alters mag darauf hinweisen, dass sie von einer einstigen Göttin nun zur menschlichen Befehlsempfängerin ihres Herrn geworden ist. So backen keine Frauen backen ihr, der Himmelsgöttin, Brote, sondern sie soll den Gästen Brot backen.

Die Erzählung handelt zur Mittagszeit, dabei ist die Eile Abrahams und wie er die Männer anredet bezeichnend: Mein Herr, habe ich Gnade gefunden vor deinen Augen, so gehe doch nicht an deinem Knechte vorüber (V. 3). Das Motiv der Eile, des schnellen Vorüberziehens gehört zum Sonnengott, der in seiner Tagesbarke über die Himmelsroute gleitet und über Recht und Unrecht wacht. Da der Sonnengott in seiner unmenschlichen Grösse dem Menschen nicht selber erscheinen kann, wird er von der drei Männern vertreten, die Abraham in seiner arabischen Gastfreundschaft aufnimmt. Sie erscheinen auch wie die Strahlen der Sonne, die das Opfer im Nu vernichten, wie wir es vom Propheten Elia auf dem Karmel wissen (I. Könige 18).

So schreibt auch Hans-Peter Stähli in "Solare Elemente Jahwes im Alten Testament", dass die Zeit der Sonne am Zenit, die Zeit von Gefahr, Seuchen, Krankheiten und Katastrophen ist. Diese Gefahr kommt von der Apophisschlange her, die durch den Helden Seth und später durch den Schreibergott Toth besiegt wurde. Hier handelt es jedoch um de religiösen Vorstellungen der Kulturländer. Beduinen sind keine Sonnenanbeter. Und wo fanden Kulturländer die Gefahr, die für sie gefährlich werdenden Mächte? Für die Kulturländer waren herumstreifende Beduinen, die ihre Karawanen überfielen und den "internationalen" Wirtschaftshandel gefährden, eine dieser Gefahren.

Anders für die Beduinen, für sie kam die Bedrohung vom Militär der Grossreiche. Die militärischen Aktionen standen unter dem Sonnengott, der Sonnengöttin der Grossreiche wie Assyrien, Babylon oder Ägypten. Da die Erzählung vom Ende des 2. Jahrtausends v. Chr. erzählt, könnte auch eine Erinnerung an die Hethiter vorhanden sein.

Die Fremden in unserem Text fragen, nachdem sie satt waren, nach Sarah. Erinnert die Frage nicht an die Verachtung, die Kulturländer den Beduinenfrauen entgegen brachten. Beduinenfrauen, die belästigt und missbraucht werden durften, wie Othmar Keel betont? Versteckt die Verachtung der Kulturländer nicht die Wut auf die Macht der Frauen in deren matrizentristischen Beduinenstämmen?

Der Jahwist selber stammt dem Kulturland und als Erbe deuteronomisch-deuteronomistischer Schule hat er auch das Bild vom Sonnengott hinter sich gelassen: Du sollst dir kein Bildnis machen in irgendeiner Gestalt, weder von dem, was oben im Himmel, noch von dem, was unten auf Erden, noch von dem, was im Wasser unter der Erde ist. (V. Mose 5,8) Und von daher hat er auch die Freiheit, Überlieferungen aus vergangenen Zeiten neu zu entwerfen und mit einer ganz anderen Pointe zu versehen: Aus der gefahrvollen Zeit des Zenits entsteht positiv die Theophanie der Verheissung. Das Alter von Sarah und Abraham bedeutet nun die Hoffnung auf einen neuen judäischen Staat, einen neuen Tempel und einen neuen Herrscher.

Ersteröffnung 5.9.1998
Neueste Revision: 13.02.05

Text und Gestaltung:
Esther Keller-Stocker, Horgen (Schweiz)

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