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5.4. Das Stieropfer
Im Alten Testament ist das Stieropfer eng mit der Lade verknüpft. Das Opfer von Rindern kommt in II. Samuel 6,13 und I. Könige 8,5 vor. Beide Stellen gehen auf I. Samuel 6 zurück. Dort sind aber keine Stiere Opfer sondern zwei einjährige Kühe. Diese wurden zuerst vor die Lade gespannt und dann geopfert. Ewald Roellenbleck weist darauf hin, dass sich ein männlicher Gott nie von säugenden Kühe ziehen lässt sondern eine Göttin. D.h. die Kühe, die vor der Lade gespannt waren, unterstreichen den weiblichen Charakter der Lade (41).
Zum Kuhopfer ist kurz zu sagen, dass im magisch-mythischen Bewusstsein die Grosse Mutter die Welt nach ihrem Abbild gebiert. Die Welt als von der Grossen Mutter geboren wird entsprechend dem göttlichen Abbild als Kuh dargestellt. Als Idee vom Göttlichen ist sie vollkommen und rein. Die Welt verunreinigt sich aber durch menschliche Verfehlen und muss zerstört werden. Diese Zerstörung wird am göttlichen Abbild, der Kuh, vollzogen. Ihre Zerstörung bedeutet die Rücknahme der Schöpfung durch die Grosse Mutter, die die Welt in den Geburten der Kälber bereits wieder neu erschaffen hatte.
Im Alten Testament erfolgt eine Umdeutung vom Kuhopfer zum Stieropfer, die sich in den drei Texten I. Samuel 6, II. Samuel 6 und I. Könige 8 nachvollziehen lässt: In I. Samuel 6 ist, wie gesagt, eindeutig von Kühen die Rede, in II. Samuel 6,6 ist von "Rindern" die Rede. In II. Samuel 6,13 erscheinen ein Rind und ein gemästetes Kalb als Tieropfer. Gerade die neutrale Bezeichnung "Rind" in den zwei letzten Stellen, welches zusammen mit dem Kalb erwähnt ist, lassen noch an die zwei einjährigen Kühe erinnern, die je ein Kalb zur Welt gebracht haben. In 2. Samuel 6,17 bringt David Brand- und Heilsopfer dar. Im jetzigen Text steht, David habe vor Jahwe die Opfer dargebracht. Da aber in diesem Zusammenhang auch die Lade erwähnt wird, ist das Opfer der beiden Kühe von 1. Samuel 6 vor der Lade mitgemeint. Doch in 2. Samuel 6,17 reichen zwei Opfer nicht mehr aus, sie müssen durch eine Vielzahl weiterer Opfer ersetzt werden. - Will man, weil das Kuhopfer verdrängt wurde, viele Tiere opfern, um das aus der Verdrängung entstandene Unbehagen loszuwerden? Dieser Gedanke bestätigt 1. Könige 8, denn hier ist nicht mehr von Rindern und Kühen die Rede, sondern inflationär von Unmengen Schafe und Rinder, die geopfert werden:
und opferten Schafe und Rinder, so viel, dass man sie nicht zählen noch berechnen konnte (V. 5).
Um bei der Verdrängung der Grossen Mutter ihrer Strafe zu entgehen, opfert man ihr so viel man kann. Diese Verschiebung ist typisch für das Patriarchat.
Wann fand diese Verschiebung statt? Fest steht, dass die Geschichtsbücher Josua bis 2. Könige nach der Zerstörung des Jerusalemer Tempels nach 584 v. Chr., in der Exilszeit, entstanden sind. Die Autoren, die Deuteronomisten, besassen Dokumente, die bis ins Zehnte Jahrhundert v. Chr. reichten. Die Deuteronomisten wandelten dieses Textmaterial nach ihrer eigenen Ideologie um. Die Verdrängung der Kühe und die gleichzeitige Zunahme der Tieropfer widerspiegeln also den Konflikt des exilischen Redaktors im 6. und 5. Jh. v. Chr.
In diesem Zusammenhang möchte ich noch auf den Menschenopfer der Grossen Mutter kurz eingehen. Nach James Frazer "der Goldene Zweig" soll in vorgeschichtlicher Zeit überall auf der Welt ein König oder Häuptling nach Ablauf einer gewissen Zeit der Grossen Mutter geopfert worden sein. Darob können sich heutige Autoren empören (zum Beispiel Bernhard A. Lietaer in seinem Buch "Mysterium Geld", das ich gerade lese). Doch in diesem Ritus ist noch das Wissen um den aggressiven Aspekt des Archetyps vorhanden, dem man auf alle Fälle Rechnung tragen muss. Das vernunftbegabte Patriarchat hat dieses Wissen verloren, dafür werden die grausamsten Kriege geführt an Millionen von Menschen - und das ist ja eine Art Opferung, Opfer fürs Vaterland oder für eine Ideologie! Konkret Opfer für Macht und Reichtum, Vorstellungen, die zum Archetyp des Grossen Vaters gehören.
5.5. Das Ziegenopfer
In III. Mose 16 wird das Rindopfer ergänzt mit "zwei Ziegenböcke von Ziegen" "Scha'ire aizim" (V. 5). Scha'ir bedeutet "Ziegenbock" und Ez Ziege. Das Wort Ez ist in diesem Text jedoch nicht richtig vokalisiert, aizim Pluralform von Az. Az bedeutet "Macht, Stärke" (45) oder Oz: Stärke, Kraft, Macht; Schutz, Zuflucht ist.
In der priesterlichen Opferliteratur in III. Mosebuch kommen sowohl Ziegenböcken wie auch Ziegen als Opfergaben vor: Wenn der Fürst unabsichtlich sündigt, soll er ein Ziegenbock opfern (III. Mose 4,23). Wenn einer aus dem gemeinen Volk unabsichtlich gesündigt hat, soll eine Ziege (III. Mose 4,28; IV. Mose 15,27) Sühnopfer sein. Auch wenn jemand sich im Schwur vergangen hat, soll er ein weibliches Schaf oder ein weibliches Lamm darbringen (III. Mose 5,6). Das weibliche Schaf respektive das Lamm kann auch durch eine Turteltaube oder eine gewöhnliche Taube ersetzt werden (III. Mose 5,7). Das Taubenopfer lässt aufhorchen, denn diese war im ganzen Alten Orient das Begleittier der Grossen Mutter (46). Dies wäre ein weiteres Indiz, dass in III. Mose 16 ursprünglich der Grossen Mutter geopfert wurde.
In III. Mose 3,13 und III. Mose 17,4 wird dem Jahwe vor das Heilige Zelt eine Ziege dargebracht. Das Heilige Zelt ist wie die Lade, das Allerheiligste oder der Tempel ein Symbol der Grossen Mutter. Der symbolische Charakter des Zeltes wird noch betont durch die Ergänzung "am Eingang des Zeltes": "Der Eingang des Zeltes" ist ein Spalt, Symbol der vaginalen Öffnung der Göttin.
Die Betonung des "Eingang des Zeltes" mutet wie ein Nachhall einer Fruchtbarkeitsgöttin an. Solche Fruchtbarkeitsgöttinnen waren als nackte Terrakotta-Abbildungen im ganzen Orient weit verbreitet (47). Das Heilige Zelt will bewusst an die Beduinentradition Altisraels anknüpfen und diese in den Jahwe-Glauben integrieren. Symbolisch schützte das Zelt den Menschen vor den Gefahren der Wüste. Die Menschen erlebten die Wüste diffus als Dämonen und Götter. Auch die Sonnenhitze wurde als Gott vorgestellt. Diesen numinosen Kräften gegenüber erscheint das mütterliche Ziegenfell-Zelt am Tage wie eine zerbrechliche Kosmosmacht. Doch abends breitet sich das dunkle Zelt über den ganzen Himmel aus, um die Welt in sich zu bergen und durch in ihrer Kühle regenerieren zu lassen.
Im Alten Testament gibt es auch Anzeichen einer Auseinandersetzung zwischen Beduinenstämmen und kriegerischen Horden altorientalischer Grossreiche, die in die unwirtlichen Gegenden vordrangen und Beduinen töteten. Bei diesen Feldzügen wurden auch Frauen und Mädchen vergewaltigt. Die Militärs aus altorientalischen Staaten verehrten ausdrücklich eine Sonnengottheit (Ägypter, Hethiter) oder einen kosmosschaffenden Gott mit solaren Zügen (Mesopotamien) (48). Aus der Perspektive der Beduinen wurden diese Militärs mit der dämonischen Macht der glühenden Hitze der sommerlichen Wüstensonne und dem Chaos gleichgesetzt.
Die Beduinen gaben der durch diese Macht erfahrene Aggressivität und sexuelle Gier in Gestalt eines Ziegenbockes Ausdruck. Aus alttestamentlichen Texten schimmern noch Ereignisse durch, nach denen Frauen und Mädchen dem Feind ausgeliefert wurden, um den Stamm zu retten. So zum Beispiel Jephthas Tochter (Ri. 12), aber auch die Bereitschaft Lots, seine Töchter (I. Mose 19,8) an die Bewohner von Gomorrha auszuliefern, ganz zu schweigen von der ungeheuerlichen Tat des Leviten in Richter 19. Bei den alttestamentlichen Propheten hatte sich eine Umwertung der Werte vollzogen. Die dämonische Macht, die sengend und brennend Land und Volk verwüstet, wurde im Alten Testament als göttliche Strafe auf den Ungehorsam Israels interpretiert.
In der Exilszeit erfährt das Motiv Untreue - Vernichtung eine neue Umdeutung. Die Nachfolge-Schule der Deuteronomisten, die "Jahwisten" genannt, greift die urtümliche Version der Bedrohung von Frauen auf und stellt diese unter den besonderen göttlichen Schutz Jahwes (I. Mose 12,16ff; I. Mose 18).
5.5.1. Das Ziegenblut an den Türpfosten
Eine interessante Erzählung kommt in II. Mose 12,5-8 vor: Da soll ein fehlloses, männliches, einjähriges Lamm geschlachtet werden, aus den Schafen oder Ziegen sollt ihr es nehmen. Hier wird wieder diese umständlichen Formulierung verwendet:
Und ihr sollt es aufbehalten bis zum vierzehnten Tage dieses Monats; dann soll die ganze Gemeinde Israels es schlachten um die Abendzeit. Und sie sollen von dem Blute nehmen und die beiden Türpfosten und die Oberschwelle an den Häusern, in denen sie es essen, damit bestreichen, das Fleisch aber sollen sie in derselben Nacht noch essen; am Feuer gebraten sollen sie es essen, und ungesäuertes Brot mit bitteren Kräutern dazu.
"Haus" ist wie "Zelt" der Grossen Mutter zugeordnet und der "Türpfosten" wie "der Eingang ins Zelt" symbolisch als Öffnung der Grossen Mutter. In unserem Text wird das Ziegenböckchen geopfert, um mit seinem Blut die "Türpfosten" zu bestreichen, was bedeutet das?
Die Türpfosten versinnbildlichen den verschlingenden Aspekt der Grossen Mutter. In II. Mose 12 wird rituell die männliche Urangst vor dem Geschlechtsverkehr beschrieben (50), die Angst vom mütterlichen Urschoss verschlungen zu werden (51. Um dieser Bedrohung zu entgehen, wird stellvertretend ein Lamm geopfert. Dazu gibt es im Alten Testament mehrere Beispiele, z.B. nahm Simson ein Lamm als Hochzeitsgeschenk mit, um dann mit seiner Angetrauten in die Kammer zu gehen (Ri. 15,1). In I. Samuel 19,13-26 lässt Michal avid durch das Fenster vor Saul entfliehen, während eine Ziegenhaardecke auf dem Bett der Michal lag. Dabei ist wohl das Fell des Ziegenböckleins gemeint, das David der Michal als Hochzeitgeschenk mitgebracht hatte. Auch in der Gideonserzählung ist das Motiv des Ziegenbock-Opfers noch fassbar, denn Gideon bringt dem Engel Jahwe ein Ziegenböcklein dar. Darauf brach Feuer aus dem Felsspalt und verschlang das Böckchen. Da das Feuer aus dem Innern des Felsen kam, kann dies als Theophanie der Grossen Mutter gedeutet werden.
Das Feuer, in dem das Opfer gebraten werden soll, ist häufig Sinnbild für sexuelles Begehren (52). Wenn ein Böcklein an den Türpfosten geschlachtet und dann im Feuer gebraten wird, kann das Feuer als sexuelles Begehren der Grossen Mutter verstanden werden, welches das dabei den ihr unterlegene Mann zerstört. In dem uns überlieferten Text wird das Böcklein angesichts Jahwes geschlachtet, welcher als nächtlicher Dämon in der Stadt herumschweift. Offenbar begehrt er die Grosse Mutter, die ihn aber mit dem Blut des Lammopfers von seinem Vorhaben abschreckt. Die Mutter zeigt magisch-rituell, dass sie nicht bereit ist, weil die "Türpfosten bluten". Da das Blut aber von einem Ziegenböckchen kommt, ist der Ritus als apotropäisches Mittel zu verstehen, der dem Dämon sagen will: Rühr mich nicht an, sonst ergeht es dir wie dem Ziegenböckchen!
Wenn das Passaopfer in der Plageerzählung als männliches Opfer vorgestellt ist, kann auch das Moment der Eifersucht des Dämons ins Spiel gebracht werden, wie etwa in Exodus 4,24, wo Jahwe den Mose im Zelte Zipporas töten will. Zippora nahm ein scharfes Messer und schnitt ihrem Sohn die Vorhaut ab und hielt sie Mose vor die Lenden (V. 25). Hier dürfte der Ur-Vater-Komplex eine Rolle spielen: Die Frau gehört dem Vater, und der Sohn, welcher sich an die Frau vergreift, wird vom Vater getötet.
5.5.2. Das Lamm bei Nathan
König David begehrte einst die schöne aber verheiratete Bethseba und zeugte mit ihr ein Kind. Um die Tat zu vertuschen, rief er ihren Ehemann Urija von der Front in der Hoffnung, dass dieser ebenfalls mit Bathseba verkehrte. Doch Urija war an das Kriegsverbot gebunden, keinen Sex mit seiner Frau zu haben, und schlief vor der Haustüre. Auf seine Weigerung hin schickte ihn König David erbost an die vorderste Front gegen die Ammoniter (2. Sam. 11). Urija starb wie gewünscht und David ehelichte dessen Frau Bethseba. Doch nun trat der Prophet Nathan David entgegen und erzählt ihm eine Parabel von einem Lämmchen, das von einem armen Mann käuflich erworben und wie das eigene Kind gross gezogen wurde. Als in der Nachbarschaft Besuch eintraf, holten die Nachbarn das Lamm und schlachteten es zur Feier. Diese Erzählung sollte die Taten Davids rügen, besonders seinen Befehl, der Urija in den Tod schickte. Doch der Bezug der Parabel zum Ereignis kann nicht nachvollzogen werden, zumal das Lamm ausdrücklich ein weibliches Lamm (kabaschah) war. Nur ein kleiner Hinweis in der Schilderung vom Krieg gegen die Ammonitern lässt eine Lösung offen. Nach 2. Samuel 11 zog nämlich die Lade Gottes mit in die Schlacht. Urija kämpfte also unter dem Schutze der Lade (Aaron). Urija war ein Hethiter und somit Anähnger der hethitischen Sonnengöttin von Aruna. Das weibliche Lamm musste in einem Zusammenhang mit dieser Sonnengöttin gestanden haben.
Aber nicht nur die Hethiter verehrten die Sonnengöttin von Aruna sondern auch der israelitische Stämmebund. Leo Frobenius hat gezeigt, dass die arabischen Beduinen matrilokal strukturiert waren. Die Auseinandersetzung der Beduinen mit den patriarchalen Kulturländer zwang sie zu einer Neuorientierung und die Beduinen übernahmen die Gottheit, die ihnen am vertrautesten war, die Sonnengöttin von Aruna.
Dass die Beduinen matrilokal waren, zeigt zum Beispiel der Name Rahel (= Mutterschaft). Das Mutterschaf war eine Manifestation der Aschera. Jakob soll Israel geheissen haben, d.h. Mann der Rahel (Isch Rahel) (53).
Die Parabel des Propheten Nathans (II. Sam. 12) beschreibt aber nicht das Unrecht Davids gegenüber Urija sondern einen anderen Konflikt, der in dieser Schärfe selten so klar zu Tage kommt: Die Parabel beschreibt Jahwe in seinem ambivalenten Charakter. Jahwe selber hat nach prophetischen Aussagen ein Mädchen gefunden oder käuflich erworben (Ezechiel 16). In Gestalt eines Grosskönigs hat er sie geehelicht und sie zu Tode bedroht. Anders als die Gleichnisse der vorexilischen Propheten sonst erscheint das Mädchen in der Parabel Nathans als Lämmchen in rührender Arglosigkeit wie wir sie in berühmten Gestalten wie Abraham und Sarah, Isaak und Rebekka und Jakob mit Lea und Rahel kennen.
5.5.3. Az: Macht, Stärke
Das Substantiv Az in III. Mose 16,5 kann auch "Macht, Stärke" heissen (Oz "Stärke, Kraft, Macht; Schutz, Zuflucht"). In der Erzählung vom "Einzug der Lade in Jerusalem" (II. Sam. 6) ist ebenfalls von Az/Oz die Rede und zwar in der femininen Form Uzza (die Mächtige). In diesem Text steht Uzza im engen Verhältnis zur Lade.
Die Lade stand nach II. Sam. 6,2 auf der Anhöhe der Stadt Kirjat Jearim (54), die an dieser Stelle Baala von Juda geheissen aben soll. Baala bedeutet "Herrin" im Sinne einer Göttin und so dürfte nicht die Stadt gemeint sein sondern die Bundeslade, die Herrin, Baalat Aaron. Der Deuteronomist, welcher jeden Hinweis auf weibliche Gottheiten eliminierte, machte aus Baala Baalim und daraus einen Ortsnamen, welchen er mit Kirjath-Jearim verband. Dies entspricht alttestamentlicher Tendenz, aus ehemals heiligen Namen und Gegenständen eine Ortschaft zu machen. Auffallend ist hier auch der umständliche Name, der Jahwe mit der Lade verbindet (6,2), "der Name Jahwes der Heerscharen, der über den Keruben thront". Dieser umständliche Namen setzt die Keruben im Allerheiligsten im Jerusalemer Tempel voraus (I. Könige 6,23ff.). Er wurde also in II. Samuel 6,2 sekundär eingefügt (55).
In II. Samuel 2 kommt mit der Lade ein Priester namens Uzza vor. Uzza heisst "die Mächtige und passt zu Baala(t). Aus der arabischen Welt kennen wir die berühmte Al-Uzza. Diese wurde bereits in assyrischen Schriften erwähnt (56) und war demzufolge auch den deuteronomistischen Autoren bekannt.
Dass Uzza auf den Namen einer Göttin weist, geht auch aus der Notiz in II. Könige 21,18, dem "Garten Uzzas" hervor. In diesem Garten, der einem gewissen Mann namens Uzza gehört haben soll, wurden die Könige Manasse und Amon beerdigt. Doch weshalb sollen zwei Könige auf dem Grundstück eines Privaten beerdigt worden sein? Meines Erachtens geht es hier um das staatliche Areal der Königsgräber, welches unter dem Schutz der "Lade"-Göttin Uzza stand. Dass ist naheliegend, wenn man bedenkt, dass die "Lade"-Göttin im altisraelitischen Stammesverband als mächtige Kriegs- und Todesgöttin (I. Sam. 4-6) gewesen war und während der Königszeit mit dem Sarg identifiziert wurde.
Eine solche Tradition kennen wir vom Sarg Josephs. Ist Joseph Osiris gleichzusetzen, so der Sarg mit der ägyptischen Todesgöttin Nuth (57).
Nach Psalm 132,8 fand sie in Jerusalem ausdrücklich ihre ewige Ruhe. Die Formulierung ist auffällig:
Steh auf, Jahwe, von deiner Ruhestatt,
Du und deine machtvolle Lade.
(athah w-aron uzz-äkka
Ps. 132,8 Zürcher Bibel
Hier erscheint die mächtige (uzz)Lade (Aaron) als Partnerin Jahwes.
Und von daher ist es auch naheliegend, dass die Könige in ihrer Obhut die ewige Ruhe fanden (58).
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Interpretation von Esther Keller
Text von 1985, letzte Revision im März 2013